Muß es ....

uns beun­ru­hi­gen, wenn in der vor­ma­li­gen UDSSR eine Rück­be­sin­nung auf kom­mu­ni­sti­sche Gepflo­gen­hei­ten stattfindet?

Zumin­dest die Mas­se der Bevöl­ke­rung scheint - Mani­pu­la­tio­nen bei den Wah­len hin oder her - der Mei­nung zu sein, daß ein 'ande­res' als demo­kra­ti­sches System bes­ser für sie sei ....

Wir beto­nen doch sogar bei der Hil­fe für Ent­wick­lungs­län­der, es kom­me zunächst dar­auf an deren Wün­sche zu akzep­tie­ren und nicht nach unse­ren Maß­stä­ben zu urtei­len, geschwei­ge denn zu ver­lan­gen man möge sich dort so ver­hal­ten wie eine Kopie der Gege­ben­hei­ten bei uns .... (wobei die Fra­ge ange­bracht ist, ob das über­haupt so sehr viel bes­ser wäre).

Kommentare

  1. Nein. Es muss uns nicht beun­ru­hi­gen. Das rus­si­sche Volk und sei­ne See­le sind seit Jahr­hun­der­ten auf Zen­tra­lis­mus fixiert. Zare­witsch oder Väter­chen (Sta­lin) gaben vor, so brauch­te der ein­zel­ne nicht zu den­ken. Dazu die kata­stro­pha­le Men­ge an Wod­ka, die einen mat­ten Nebel der Ver­schleie­rung in die Köp­fe legt. Ich habe in den Neun­zi­gern die Gele­gen­heit gehabt, mich aus­führ­lich mit rus­si­schen Inge­nieu­ren dar­über zu unter­hal­ten und den­ke heu­te noch mit Ent­set­zen dar­an zurück und es ver­wun­dert mich nicht, wenn der Ruf nach star­ker Macht erschallt. Und viel­leicht ist es auch gut so, denn damit sind dort fast alle zufrie­den und es bleibt ein fried­li­ches Russ­land. Und ich maße mir hier nicht an, zu wer­ten, ob das mensch­lich sei. Dazu bin ich zu weit weg.

    Und auch anzu­fra­gen sei ein­mal an die­ser Stel­le, ist denn die­ser dau­ern­de Ver­such, "unse­re" Demo­kra­tie zu expor­tie­ren, nicht kontraproduktiv?
    Und wäre es nicht auch mög­lich, dass wir so gut leben trotz die­ser vor­geb­li­chen Demo­kra­tie bei uns? 
    Viel­leicht ist es ja gar keine?

    1. In den spä­ten 80'ern .... hat­te ich auch die Gele­gen­heit in die (damals noch - jetzt vor­ma­li­ge) UDSSR zu rei­sen und mir selbst ein Bild - zuge­ge­ben nur eines win­zi­gen Aus­schnit­tes, ein 'Schlag­licht' sozu­sa­gen - zu machen. Aus die­ser Erfah­rung nahm ich die Über­zeu­gung mit, daß die Men­schen dort in den vie­len Jah­ren der Abhän­gig­keit von 'Obrig­keit' (und Alko­hol!) ver­lernt hat für sich selbst zu han­deln - und wenn, dann mit einer zuvor nie beob­ach­te­ten Rück­sichts­lo­sig­keit und Här­te. Daher ver­wun­dert es mich nicht, wenn ich über die außer­or­dent­lich bru­ta­le und men­schen­ver­ach­ten­de Vor­ge­hens­wei­se der Ord­nungs­kräf­te lese - wer der­ma­ßen abge­stumpf­te Men­schen vor sich hat ver­liert wahr­schein­lich selbst Ach­tung vor der Indi­vi­dua­li­tät .... noch wei­ter gedacht ist ja auch die gro­ße Zahl von Ein­woh­nern sicher ein Kri­te­ri­um der Beur­tei­lung von Ein­zel­schick­sa­len: Wo so vie­le leben zählt der Ein­zel­ne ein­fach nicht mehr so, wie wir es gewohnt sind.

      Ins­ge­samt kann ich daher nach­voll­zie­hen war­um wir dort nicht unse­re Maß­stä­be gebrau­chen sollten ....

  2. defi­nit­ly yes! Mein Päd­ago­gik­prof von anno tuk, aus der DDR geflo­hen, sag­te ein­mal in einem Semi­nar. Das rus­si­sche Volk hat die­se ver­damm­te Fähig­keit zu leiden.
    Was für mich bedeu­tet, sie leben bewußt in grau­en­haf­ten Ver­hält­nis­sen. Das ist ein uner­träg­li­cher Zustand für die Welt. Demo­kra­ti­sie­rung ist ein Pro­zeß, kein Akt. Das heißt vor allem Geduld zu haben, mit Rück­schlä­gen zu rech­nen, die­se aber nicht taten­los hinzunehmen.

    Ich mei­ne, in der Nach­richt über die angeb­lich gewoll­te Rück­kehr zu kom­mu­ni­sti­schen Ver­hält­nis­sen war von einer staat­li­chen (!) Unter­su­chung die Rede. Unter dem Aspekt wer­te ich das Ergeb­nis von über 60(?)% - was fak­tisch bedeu­tet, Herr P. hat zwi­schen der ersten und zwei­ten Tas­se rus­si­schen Tees zum Früh­stück eine "Unter­su­chung" geschrieben.

    1. @ lady­ja­ne Gera­de wegen der Duld­sam­keit und Lei­dens­fä­hig­keit:
      defi­ni­te­ly NO

      Wir sind nicht dafür ver­ant­wort­lich, daß andern­orts 'alles im Lot' ist, denn was pas­siert, wenn sich das Deut­sche Wesen aus­brei­tet haben wir ja zur Genü­ge erfahren ....

      Ich hat­te mit Absicht " .. scheint - Mani­pu­la­tio­nen bei den Wah­len hin oder her - der Mei­nung zu sein .. " geschrie­ben, weil ich eben nicht davon über­zeugt bin, daß das mit rech­ten Din­gen zuging ....

    2. ... Demo­kra­tie ist kei­ne deut­sche Erfin­dung. Ich glau­be, es geht eher dar­um, Men­schen, die seit Jahr­hun­der­ten gedeckelt (um es ein­mal vor­sich­tig aus­zu­drücken) wur­den, auf den Weg zu hel­fen. Der Mensch an sich ist lern­fä­hig und darf sich wei­ter­ent­wickeln. Es ist sicher ein­fa­cher, sich sagen zu las­sen, was man wann wo zu tun hat. Aber wenn ihnen die selb­stän­di­ge Sei­te vor­ent­hal­ten wird, ergibt sich kei­ne Gele­gen­heit, die­se neue Lebens­form aus­zu­pro­bie­ren, damit auf die Nase zu fal­len oder damit Erfolg zu haben. 
      Ohne Hilfe/Anregung/Unterstützung bewegt sich ein Moloch wie Russ­land lei­der nicht. Die Skru­pel­lo­sen, Macht­gie­ri­gen kön­nen aber so ihr Pfrün­de sichern und wie­der ein­mal haben die Men­schen das Nachsehen.

    3. War­um fällt mir .... da sofort die Aus­sa­ge vie­ler ehe­ma­li­ger DDR-Bür­ger ein, die mei­nen, es sei frü­her doch Alles viel bes­ser gewesen?
      Das Modell vor­zu­stel­len ist OK, es durch­set­zen zu wol­len - gegen die herr­schen­den Par­tei- und Mafia-Klün­gel - hal­te ich für aussichtslos .... 

      Daher - und wegen der DDR-Erfah­rung - mei­ne ich es ist ange­bracht, zwar klei­ne Schrit­te hin­sicht­lich der Erwei­te­rung des Bewußt­seins für das, was auch noch als Alter­na­ti­ve mög­lich wäre, zu tun, aber die Men­schen dort nicht zwangs­wei­se in einem Roll­stuhl mit (für sie) rasan­tem Tem­po in eine Rich­tung zu schie­ben, die sie nicht so schnell - und vor allem nicht dort­hin! - wünschen .... 

      Es gibt - aus mei­ner Sicht - auf der Welt eine Fül­le von Pro­ble­men die wich­ti­ger erschei­nen als Unru­he in einem Land zu stif­ten, das ver­hält­nis­mä­ßig 'ruhig' ist ....


      *edit*

      Demo­kra­tie ist kei­ne deut­sche Erfin­dung - wohl aber "am deut­schen Wesen die Welt gene­sen" zu las­sen .... wir soll­ten unser "Sen­dungs­be­wußt­sein" zügeln - sonst gibt es am Ende einen Wech­sel von 'ugly Ame­ri­can' zu 'ugly Ger­man' .... es reicht doch, daß wir für die mei­sten Ame­ri­ka­ner 'Ger­man cowards' sind ...!

    4. Lei­der steht die­se Aus­sa­ge man­ches ehe­ma­li­gen DDR-Bür­gers im Raum. Ich habe in den Jah­ren 90-94 dort gear­bei­tet und mir ging das Gejam­mer irgend­wann auf den Geist. Ich frag­te mal in einer Run­de: Ist der Preis für Per­sil und Nutel­la letzt­end­lich doch zu hoch? Da war nur noch Schwei­gen im Wal­de. Auf der einen Sei­te will man die Frei­heit aber nur mit der bekann­ten sozia­len Sicher­heit die da hie­ßen "Kind krank"*, Kin­der­krip­pe, Voll­be­schäf­ti­gung, fest­ge­setz­te Preise.

      * Kind krank war so eine Art Son­der­ur­laub. Man sag­te im Betrieb Bescheid, dass ein Kind krank ist und schwupps, brauch­te man erst mal 6! Wochen nicht mehr zu arbei­ten. Als ich mei­nen Ange­stell­ten im Früh­jahr 1991 klar mach­te, dass es durch­aus die Hil­fe für ein kran­kes Kind gäbe, aber nur max 12 Tage im Jahr pro Fami­lie und dann Lohn­ab­zug erfolg­te, war die­se "Krank­heit" bei uns fast ausgestorben.

    5. Um es noch­mal deut­lich zu sagen: .... Mein Ein­wurf soll­te kei­ne gene­rel­le Schel­te der Bür­ger der ehe­ma­li­gen DDR sein - nur ein Ver­gleich, daß das mensch­li­che Behar­rungs­ver­mö­gen doch außer­or­dent­lich groß ist und der Lei­dens­druck min­de­stens ein wenig grö­ßer sein muß, damit Bewe­gung in die Ange­le­gen­heit kommt .... 

      Außer­dem hat ja Deutsch­land - in Gestalt des Kai­ser­reichs - schon Anfang des letz­ten Jahr­hun­derts eine unrühm­li­che, undank­ba­re und letzt­lich gegen die Urhe­ber selbst gerich­te­te Revo­lu­ti­on unter­stützt, die sonst nicht statt­ge­fun­den hät­te .... Geschicht-e (& ~sfor­schung) ist u.a. doch auch dazu da, etwas dar­aus zu lernen ....

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