In der SZ war kürzlich Folgendes zu lesen:
".. Beim Blick auf die Geschichte wird deutlich, dass es die goldene Vergangenheit der Demokratie nie gab, von der die Untergangserzählungen leben. Wann sollte sie gewesen sein? In den Fünfzigerjahren, in denen die politische Klasse noch Nazis in ihren Reihen hatte? In den Siebzigern, als der Linksextremismus das Land erschütterte? Auch international gestaltet sich die Suche nach der großen Vergangenheit wenig überzeugend. Die Welt des Kalten Krieges etwa, mit brutaler Hegemonie des Sowjetimperiums und fragwürdigen Kriegen der Supermächte, lässt sich kaum als demokratischer Jungbrunnen verstehen .." [Zitatquelle]
Die Autorin verläßt - wie in vielen geisteswissenschaftlichen Fächern üblich - den beweisbaren Teil der Geschichte und betrachtet einseitig den Teil, der ihr Narrativ stützen soll:
Da fällt der Begriff "brutale Hegemonie des Sowjetimperiums" und auf dem anderen Auge ist sie 'blind', wenn sie die "brutale Hegemonie des US Imperialismus" nicht einmal ansatzweise in ihre Überlegungen einbezieht.
Sie formuliert weiter:
".. So ergibt sich eine geradezu verblüffende Erfolgsgeschichte, wenn sich der Blick historisch weitet und die erste Jahrhunderthälfte in die Analyse einbezogen wird. Gab es in den Zwanzigerjahren rund 30 Länder mit demokratischer Herrschaft, so waren es 1989 knapp 70 und 1995 schon 115, während es heute mehr als 120 sind .." [ebd.]
Hier wird einzig der Blick auf positive Erscheinungen des Aufwachsens des Kapitalismus gerichtet, die dadurch 'bewiesen' werden sollen, daß sich die Zahl der Demokratien auf der Welt erhöhte. Seit wann werden Erfolge an demokratischer Mitbestimmung nicht an objektiven Kriterien wie Beteiligung der Arbeitenden an ihrer Arbeitsleistung oder Beeinflussung der politischen Vorhaben zugunsten der Arbeitenden, also den Inhalten demokratischen Handelns gemessen, sondern lediglich an der Zahl von so benamten Systemen?
Wie sich die Entwicklung seit Anbeginn des letzten Jahrhunderts tatsächlich begab läßt sich leicht mit einem Satz zusammenfassen:
Der anfängliche Raubtierkapitalismus nach US-amerikanischem Muster im Zuge der Industriealisierung wurde in Europa in abgemilderter Form durchgesetzt und durch zwei Weltkriege in denen es um Geld und Einflußsphären ging so gefestigt, daß ein östlicher und westlicher Block entstand.
Mittels Militärmacht und Geheimdiensttätigkeit haben haben die USA insbesondere nach dem II. Weltkrieg ihren Einfluß erhalten und ausgebaut, sodaß im Bereich von EU und NATO ein einheitliches Feindbild und Denkmuster geschaffen und genährt wird. Das besondere Augenmerk gilt dabei dem vorrangigen Bestreben diese Balance zu erhalten und jegliche Störung zu sanktionieren. Dabei werden selbst radikal rechte Strömungen nicht etwa verdammt, sondern dazu benutzt die Verwerfungen in eine für die US Hegemonie günstige Richtung umzuleiten.
Bei Feynsinn ist dazu ausgeführt:
".. Die Globalisierung durch Kapital und Geostrategie der zuletzt einzigen Weltmacht USA hat dazu geführt, dass sie allein für die von ihr beherrschte Hemisphäre (NATO, EU) die ideologische Ausrichtung bestimmt. Ihre Regeln, ihr politisches System, ihre (neoliberale) Wirtschaftsordnung hat auf der ganzen Welt zu gelten .." [Zitatquelle]
".. Dann muss man obendrein noch zur Kenntnis nehmen, dass – es wurde hier mehrfach angesprochen – es offenbar eine Fernbedienung gibt, die dazu führt, dass deutsche Politiker keine deutschen Interessen, sondern ersichtlich die der USA umsetzen .." [Zitatquelle]
Wenn man also die derzeitige politische Landschaft und den stattfindenden Stellvertreterkrieg betrachtet, so wird schnell deutlich warum einerseits bei unseren Politikern nur eine Denkrichtung vorherrscht und anderseits der Konflikt viele 'Väter' hat.
Stimmt die These, daß Verhältnisse, die in den USA herrschen, immer ein paar Jahre Vorlauf brauchen um hier anzukommen, so stelle ich die Frage "Wollen wir ein spätkapitalistisches System wie es derzeit dort mit allen rassistischen, umweltzerstörenden und menschenverachtenden Facetten zu beobachten gibt - oder wollen wir eine wahre Demokratie mit Teilhabe Aller und geringstmöglichem Einfluß derer, die lediglich Kapitalinteressen vertreten?"