Von den Franzosen lernen:
Ein Modell zur Trennung von Kirche und Staat

Zitat aus WIKIPEDIA

".. 1902 hat­te im Gefol­ge die­ser Affä­re [Drey­fuß] die poli­ti­sche Lin­ke die Par­la­ments­wah­len gewon­nen. Von den Radi­kal­de­mo­kra­ten wur­de ins­be­son­de­re die katho­li­sche Kir­che als Feind der Repu­blik ange­se­hen. Die bür­ger­li­chen Libe­ra­len kri­ti­sier­ten ins­be­son­de­re ihre anti­mo­der­ni­sti­sche Hal­tung .. Die neue Regie­rung fass­te den Ent­schluss, end­gül­tig den Ein­fluss der Kir­chen auf die Gesell­schaft und ins­be­son­de­re das Erzie­hungs­we­sen zu beschrän­ken .. In einer Rei­he von Geset­zen wur­de das Ver­hält­nis von Kir­che und fran­zö­si­schem Staat neu geregelt:

- Bereits 1901 zwang das noch von der Vor­gän­ger­re­gie­rung erlas­se­ne fran­zö­si­sche Ver­eins­ge­setz alle Klö­ster, Orden und Kon­gre­ga­tio­nen päpst­li­chen Rechts, sich der Auto­ri­tät eines fran­zö­si­schen Bischofs zu unter­stel­len; exem­te Gemein­schaf­ten, die unmit­tel­bar dem Papst unter­stellt waren, muss­ten sich im Okto­ber 1901 auf­lö­sen oder Frank­reich verlassen.
- Juli 1902: Schlie­ßung der ca. 3000 nicht staat­lich geneh­mig­ten kirch­li­chen Schu­len. Dies führ­te zu hef­ti­gen öffent­li­chen Pro­te­sten – 74 Bischö­fe unter­zeich­ne­ten eine „Pro­te­sta­ti­on“. Dar­auf­hin stell­te die Regie­rung die Besol­dung von Bischö­fen ein.
- März 1903: Auf­lö­sung aller männ­li­chen Ordensgemeinschaften ..
- Juli 1903: Auf­lö­sung aller weib­li­chen Ordensgemeinschaften
- 7. Juli 1904: Ver­bot der Neu­grün­dung von Ordensgemeinschaften

Am 9. Dezem­ber 1905 wur­de schließ­lich das Gesetz zur Tren­nung von Kir­che und Staat ver­ab­schie­det. Die­ses Gesetz eta­blier­te in Frank­reich das heu­te noch gel­ten­de Prin­zip des Lai­zis­mus, d. h. der voll­stän­di­gen Tren­nung von Kir­che und Staat. Das Gesetz galt zwar vor allem der katho­li­schen Kir­che, doch wur­den aus Grün­den der Neu­tra­li­tät in die­se Rege­lung die ande­ren Kon­fes­sio­nen und Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten einbezogen .."

Hier­zu­lan­de geht man mit Glace­e­hand­schu­hen vor und bin­det die Kir­chen in den Pro­zeß der Ablö­sung von Staats­lei­stun­gen ein. Welch ein Unter­schied zum Vor­ge­hen der Fran­zo­sen! Sofern man den Beschluß­pro­zeß nicht allein poli­tisch ver­fügt steht es doch schon fest, dass sich die Betrof­fe­nen nicht frei­wil­lig ihrer Rech­te bege­ben wer­den. Meh­re­re hun­dert Jah­re des Behar­rens und der Bequem­lich­keit müs­sen auf­ge­ge­ben wer­den und die Struk­tu­ren der Kir­chen­ver­wal­tung bzw. bei der katho­li­schen Kir­che die Anbin­dung an Rom bedür­fen eines radi­ka­len Umbaus. Wenn der Staat nicht mehr Steu­ern für die Kir­chen ein­streicht - was sowie­so welt­weit einen Son­der­fall dar­stellt - und die Lei­stun­gen der Bezah­lung von Kir­chen­obe­ren aus dem Staats­säckel (die oben­drauf bis­her gewährt wird, was der Öffent­lich­keit weit­ge­hend unbe­kannt ist) ein­stellt ent­steht drin­gen­der Hand­lungs­be­darf um die bis­he­ri­gen Auf­ga­ben zu sichern. Wenn die in kirch­li­cher Trä­ger­schaft befind­li­chen Ein­rich­tun­gen wie Pfle­ge- und Betreu­ungs­hei­me, all­ge­mei­ne Sozi­al­dien­ste, Kin­der­gär­ten und Kran­ken­häu­ser ent-kirch­licht wer­den ist der finan­zi­el­le Mehr­be­darf von Sei­ten des Staa­tes nicht sehr hoch, denn es zah­len die Steu­er­zah­ler jetzt schon mehr als 95% der Kosten in die­sen Institutionen.

Es ist wei­ter­hin zu befürch­ten, dass die Kir­chen immer radi­ka­le­re Stel­lung ein­neh­men wer­den wenn der Pro­zeß sich hinzieht:
Das sieht man schon in der Unter­stüt­zung für die mus­li­mi­schen Bestre­bun­gen sich als "Anstal­ten Öffent­li­chen Rechts" zu eta­blie­ren - was dem Bestre­ben Reli­gi­on aus dem staat­li­chen Han­deln und der Beein­flus­sung der Gesetz­ge­bung zu ent­fer­nen zuwiderläuft.

Da die Kir­chen ein spe­zi­fisch auf sie zuge­schnit­te­nes Arbeits­recht haben ist einem Groß­teil ihrer Mit­ar­bei­ten­den der Ent­schluß ver­wehrt sich der Kir­chen­zu­ge­hö­rig­keit zu ent­le­di­gen - sie lie­fen anson­sten Gefahr ihren Arbeits­platz zu verlieren! 


Die­se archai­sche Ein­fluß­nah­me auf das Leben und Wohl­erge­hen der in kirch­li­chen Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­sen ste­hen Men­schen ist zutiefst unde­mo­kra­tisch und beschnei­det deren ver­fas­sungs­mä­ßi­ges Recht auf Religionsfreiheit.
Bedau­er­li­cher­wei­se wird "Reli­gi­ons­frei­heit" immer nur in einer Rich­tung interpretiert:
Es wird als "Frei­heit eine Reli­gi­on zu haben" ange­se­hen, negiert wird eine "Frei­heit keine Reli­gi­on zu haben"!
 

 

PS:
Einen beson­de­ren Ana­chro­nis­mus stellt der § 166 [Beschimp­fung von Bekennt­nis­sen, Reli­gi­ons­ge­sell­schaf­ten und Welt­an­schau­ungs­ver­ei­ni­gun­gen] dar. Etwa eine "Fik­ti­on" (Reli­gi­on) als sol­che zu benen­nen mit Stra­fe zu beweh­ren ist wahr­haf­tig nicht mehr 'zeit­ge­mäß'. Es ist drin­gend gebo­ten hier eine Abschaf­fung zu beschleunigen.

Kommentare

  1. Zitat: "Wenn die in kirch­li­cher Trä­ger­schaft befind­li­chen Ein­rich­tun­gen wie Pfle­ge- und Betreu­ungs­hei­me, all­ge­mei­ne Sozi­al­dien­ste, Kin­der­gär­ten und Kran­ken­häu­ser ent-kirch­licht wer­den ist der finan­zi­el­le Mehr­be­darf von Sei­ten des Staa­tes nicht sehr hoch, denn es zah­len die Steu­er­zah­ler jetzt schon mehr als 95% der Kosten in die­sen Institutionen."

    Dan­ke für die­se Infor­ma­ti­on. Bis­her bin ich immer davon aus­ge­gan­gen, dass die­se Ein­rich­tun­gen weit­aus weni­ger staat­li­che Unter­stüt­zung erhalten.
    Umso mehr wäre es jetzt drin­gend gebo­ten, die Tren­nung von Kir­che und Staat zu vollziehen!

    1. Da geht es Ihnen so wie Vie­len in unse­rer Repu­blik, denn wenn eine Befra­gung statt­fin­det WARUM wir Kir­chen brau­chen kommt immer die Ant­wort "Sozia­le Dienste"! 

      Zitat (Quel­le):
      ".. In die­ser Über­sicht sind 83,6 Pro­zent aller Beschäf­tig­ten bei Cari­tas und Dia­ko­nie erfasst. Unter Ein­be­zie­hung der wei­te­ren Tätig­keits­be­rei­che wie Berufs­bil­dungs- und Berufs­för­de­rungs­wer­ke, Fach­schu­len, Wohn­hei­me, etc. – die nicht detail­liert erfasst wur­den – ergibt sich eine Grö­ßen­ord­nung von ins­ge­samt rund 44,5 Mrd. Euro Auf­wands­vo­lu­men für Cari­tas und Dia­ko­nie. Da in die­se wei­te­ren Tätig­keits­be­rei­che kei­ne nen­nens­wer­ten Kir­chen­mit­tel flie­ßen, liegt die Kir­chen­quo­te ins­ge­samt bei 1,8 Pro­zent .."

      "Kir­chen­quo­te" ist in die­ser Berech­nung der Anteil den die Kir­chen selbst tragen.

      Der größ­te Skan­dal ist aus mei­ner Sicht die 'unbe­grün­de­te' (!) Tat­sa­che, dass es ein beson­de­res kirch­li­ches Arbeits­recht gibt durch das Aber­mil­lio­nen (!) von Mit­ar­bei­ten­den in den Kir­chen gezwun­gen sind Mit­glie­der zu blei­ben wenn sie nicht ihren Arbeits­platz ver­lie­ren wollen.
      Manch­mal gehen mir die Aus­ru­fe­zei­chen aus wenn ich an *Kir­chen* denke ....

      Neh­men wir das Bei­spiel Ber­lin:
      Dort sind nur 19,9% der Men­schen Kichen­mit­glie­der - und trotz­dem hat die neue schwarz-rote Regie­rung als eine der ersten Maß­nah­men einen ver­bind­li­chen Reli­gi­ons­un­ter­richt eingeführt.

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