Vor Jahren - als ich zuletzt beruflich von 1999 bis 2002 in USA war - bin ich häufig mit meinem alten Schulkameraden aus High School Zeit [1963-64] unterwegs gewesen. Meine Arbeit an der Universität war in je zwei mal drei Stunden (zwei Vorlesungen zu je 1,5 Stunden zwei mal pro Woche) erledigt und ansonsten konnte ich die Gelegenheit nutzen andere Eindrücke zu gewinnen oder - wie oben bereits erwähnt - mit meinem Freund auf Entdeckungstour gehen.
Weil er seine Tätigkeit als Chef einer großen Truppe von Verkäufern relativ frei gestalten konnte und wegen der Verbreitung der Mobiltelefonie nicht mehr an ständige Anwesenheit im Büro gebunden war sind wir beispielsweise zum Angeln oder zum Wandern oder zum Sight-Seeing gefahren. Wenn er Termine in anderen Staaten hatte war es oft so, dass ich mit ihm da hin fahren konnte, wenn er diese Erledigungen auf Tage legte, an denen ich keine Veranstaltungen hatte.
Wenn wir zum Angeln fuhren kostete das einen Angelschein pro Person, 2 US$ für einen Monat und man konnte dafür in allen Gewässern die nicht als *privat* gekennzeichnet waren angeln. Freund Bob jun. hatte ein geräumiges Boot und Angeln genug für eine ganze Kompanie, wir hatten also beste Voraussetzungen.
Nur die Fische, die wollten an manchen Tagen nicht so recht anbeißen - trotz leckerer, frischer Köder, gerade im Angelshop (Dose ca. 2,5 US$) gekauft.
Das Problem beim Angeln ist, dass zwar die Fische uns sehen, wir aber nicht wissen, wo sich die Fische gerade aufhalten und ob sie vielleicht schon ausreichend gefuttert hatten und deswegen von unseren Ködertieren nichts wissen wollten.
Es war oft wie stochern im Nebel wie es im Volksmund so treffend ausgedrückt wird. Angelschnur mit Köder ins Wasser hängen und hoffen, ein Fisch werde schon kommen und sich daran versuchen.
Weil das auf Dauer nicht die gewünschte Ausbeute dieser Angelexkursionen erbrachte - schöne große, mehrpfündige Forellen verschiedener Arten, so groß, dass von einem Tier leicht zwei Personen satt werden konnten. Es musste aufgerüstet werden, mit ausgefeilter Elektronik. In Form eines Gerätes mit dem Namen "Fish Finder", einer Art Fischradar. Heute sind diese Geräte mit komplexer Technik ausgestattet und kosten eine Stange Geld, vor 20 Jahren waren sie noch recht einfach und der Preis war erschwinglich: Man konnte mit ihnen per Sonar aufspüren wo sich Fische befanden und das Gerät gab dabei deren Größe und die Tiefe an, in der sie sich aufhielten.
So war ein Teil der *Jagd auf den dicksten Fisch* vereinfacht, wenigstens wussten wir, ob überhaupt Fische an dieser Stelle herum schwammen. Allerdings blieb immer noch die relative Bewegung einigermaßen unbestimmt, ob die Fische sich bewegten wurde nur ca. jede Minute als neues Bild sichtbar - und wenn Sie schon einmal Angeln waren wissen Sie, liebe Lesende, dass es schlicht unmöglich ist eine auf 120 bis 150 Meter Tiefe abgedrehte Angelschnur mit Bleigewicht und Köder etwa dieser Spur der Fische 'nachzuführen'. Schnur aufrollen und neu versenken - das war die einzige Möglichkeit, aber meist war dann dort schon wieder die Anzeige der Fische leer ....
Nun, wir waren unverdrossene, entschlossene und nicht so leicht zu entmutigende Männer im besten Alter, die ein männliches Top-Angler-Klischee zu bedienen hatten .... und so leicht gaben wird nicht auf. Über Stunden zogen sich so unsere *Raubzüge* hin, und tatsächlich fingen wir recht stattliche Fische, wodurch sich allmählich die Ausgabe für Sprit, Bootsliegeplatz, Lizenz und Köder amortisierte.
Warum ich Ihnen diese Story erzähle?
Nicht wegen des geschilderten Erfolges, der sich letztendlich doch noch einstellte. Sondern weil es für mich ein Beispiel ist, wie wir uns der Natur und ihrer Ressourcen bedienen - ohne wirklich zu wissen, was wir da tun.
Abertausende von Anglern haben über viele Jahre die "Finger Lakes" im Norden des Staates New York befischt, jedes Jahr mit besserer Technik ausgestattet und jedes Jahr hatten die Fische schlechtere Chancen zu entkommen. Jedes Jahr stellten ihnen mehr und mehr Angler nach. Das Ergebnis ist, dass es kaum noch genug erwachsene Tiere gibt die die Population aufrecht erhalten können. Viele Angler sind der Fische Tod. Irgendwann ist es dann ganz vorbei mit dem Angeln und die nächste Generation wird nur noch von großen Forellen lesen und sie auf Bildern ansehen.
So wie es da im Kleinen mit den Forellen (und Barschen und anderen Arten) gegangen ist, geht es überall auf der Welt mit allen möglichen Tieren, die der Mensch verzehren kann. Oder mit Allem was wächst - und irgendwie für Menschen nutzbar gemacht werden kann.
Wir stochern - in übertragenem Sinne - überall auf der Welt im Nebel herum wenn wir 'konsumieren'. Weil wir die Folgen des Tuns nicht annähernd genau beschreiben oder der Menge nach einschätzen können. Wir können auch die Folgeschäden gar nicht genau erfassen, die es hat wenn dadurch andere Arten, die davon im Ökosystem betroffen sind, beeinträchtigt werden.
Erkennen Sie, liebe Lesende, wie an so einem banalen Vorgang wie dem Angeln von Forellen klar gezeigt werden kann, dass es so wie bisher mit dem Raubbau an der Natur nicht weiter gehen kann? Dass wir alle Grundlagen unseres Daseins auf dem Planeten selbst zerstören?
Wir brauchen radikale Maßnahmen, und das schnell, so schnell, wie Politik noch nicht denken kann. Und wir brauchen die Einsicht - ich hatte es früher schon betont - dass es vorbei sein muss mit dem Götzen "Wachstum". Es sei denn, man schraubt es als Negativ-Wachstum Monat für Monat herunter.