Bei Herrn nömix wird an den Evolutionsbiologen und Humanisten Stephen Jay Gould (1941−2002) erinnert. Dazu heißt es dass ".. er in seinem umfangreichen, unerhört klugen Werk u. a. darlegte, dass es zwischen Christentum und Evolutionslehre nicht notwendigerweise einen Widerspruch geben müsse .."
Nun will ich beileibe nicht die Verdienste des Genannten um die Evolutionsbiologie und seine Beiträge zur Paläontologie schmälern, aber auch große Denker haben sich schon in Detailfragen verirrt und sind auf Abwege geraten.
Lassen Sie mich hier nochmals darstellen, wie der Zusammenhang zwischen Biologie / Evolution und Religion gesehen werden muß - wenn man rational, mit naturwissenschaftlicher Vorgehensweise, prüft.
Die These von Gould ist schon deswegen falsch, weil hier zwei völlig verschiedene Dinge in Zusammenhang gebracht werden, wobei eines (Religion) vom Vorhandensein des anderen (Gehirn/"Geist") abhängig ist.
Nach allgemeiner Auffassung ist die Evolution des Geistes beim Menschen eine spezifische Leistung die der von anderen Säugetieren gleichgesetzt werden kann. Beispielsweise können Wale sehr lange tauchen, Flughunde fliegen und Giraffen Blätter in der Baumkrone fressen.
Unsere Gehirnleistung ist daher nur eine von vielen Entwicklungsmöglichkeiten - und hieraus herzuleiten, eine gedankliche Konstruktion die ein fiktves Wesen postuliert sei von der Evolution unabhängig und parallel denkbar ist schlichtweg falsch.
Evolution läuft weder nach einer Gesetzmäßigkeit (Muster) noch zwangsläufig in eine bestimmte Richtung, sie ist vielmehr rein zufällig.
Der Gedanke "höheres Wesen als Schöpfer" ist von einer bestimmten Hirnleistung abhängig, ohne sie gäbe es das nicht.
Wenn also der postulierte Gott die ihm zugesprochene Allmacht hätte, müßte es ihn auch ohne das menschliche Gehirn geben. Dagegen sprechen alle naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, und das selbst vor dem Hintergrund, dass es natürlich immer vom jeweilig Möglichen in der Forschung abhängt.
Nirgendwo im Universum gibt es einen Gott - nur bei uns, als Fiktion, erdacht vom menschlichen Gehirn.
Soweit ging meine Antwort bei Herrn nömix.
Lassen Sie mich noch ergänzen:
Selbst die (bei Wikipedia postulierte, m.E. sinnentstellend dargelegte) Haltung Goulds hinsichtlich der Evolution (Zitat: ".. engagierte sich für die Popularisierung der Evolutionstheorie und deren Verteidigung gegen den in den USA verbreiteten Kreationismus ..") ändert an der Unvereinbarkeit zwischen der Akzeptanz der Evolutionslehre und den Thesen zu Religion, Religionsauslegung und dem postulierten höheren Wesen "Gott" nichts.
Es handelt sich hier nach meiner Auffassung um ein "Alles-oder-Nichts-Prinzip". Akzeptiert man die Evolution, so schließt das einen - wie auch immer gearteten - Glauben(!) aus.
Vielleicht sind ja die Bauten der Biber letztlich doch nur Huldigungen an den berüchtigten Bibergott, Schaffer von Bäumen und Wasser, wer weiß das schon? :-D
Ich kenne Gould leider nicht, um mich seiner Theorie zu nähern habe ich mir vor einiger Zeit -und seitdem schlummert es auch noch auf meinem E-Buch-Leser herum-Dawkins vs. Gould: Survival of the Fittest geholt. Bin aber über die Einleitung noch nicht hinausgekommen.
Prinzipiell halte ich ihre Kritik für eine treffende. Mich wundert immer wieder, wie man sich sein Gehirn verrenken muss, um in der einen Hälfte nüchtern und faktenbasiert die Welt zu erklären und mit der anderen Hälfte(nur metaphorisch, nicht physisch)an Feen, Elfen und Gott zu glauben.
Es sind, da gibt es für mich wenig Zweifel, es sind zwei unterschiedliche Ansätze um sich die Welt zu erklären, die aber dermaßen antagonistisch gegenüberstehen, dass eine Verlotung in die Sphäre von "Moral und Ethik"(dies halte ich nebenbei bemerkt schon für ein groteske Erhöhung von Religion, die mir die Zornesröte beim Rundfunkrat bzw. gesellschaftlichen Themen ins Gesicht treibt, da damit so getan wird, als habe Religion einen Alleinvertretungsanspruch auf moralisches Handeln...kurzer Tipp: Nein, hat es definitiv nicht!) und die von rationalem Denken und Wissenschaft in die der Fakten, nur als kläglicher Versuch gesehen werden kann, bestehende Differenz nicht wahrnehmen zu wollen und stattdessen den Weg einer friedlichen Ko-Existenz aufzumachen. Es erscheint wie der Versuch Gläubische zu bekehren indem man ihnen sagt: Klar hat euer Gott die Welt in 7 Tagen erschaffen und auch alles was kreucht und fleucht, aber hey, nebenbei entwickelt sich das-weil Gott es so sollte- auch immer noch weiter, also lasst die weisen Männer mit ihren Botanisiertrommeln mal machen, sich Gottes Plan genauer anzugucken. Das in diesem Zusammenhang von Dawkins gefalle „Appeasement“ scheint mir nicht völlig unzutreffend zu sein.
/OT Ich melde mich die Tage, bin momentan mal wieder gehandicapt und nicht sehr mobil, weder Auto noch PC gehen locker von der Hand. ;-)
Wie freundlich von Ihnen mir einen herzlichen Lacher zu schenken, Bibergott, das war das *highlight* des Tages!
Gould ist lediglich ein wenig vom Pfad abgewichen, ich halte das für eine Konzession an die evangelikal-christliche Grundstimmung in den USA. Wie andere religiöse Wissenschaftler sieht er eine Schöpfung des Universums durch ein höheres Wesen als wahrscheinlich / parallel möglich zur Evolutionslehre an. Das ist der Punkt an dem ich es für 'schlecht gedacht' halte. Deswegen mein apodiktisches "NEIN!"
Moralisches handeln gibt es bei anderen Spezies wie bei uns - das ist den Moralpredigern bisher entgangen oder sie wollen es nicht akzeptieren, weil es nicht in ihr Konzept von Bibeltext und -auslegung paßt.
Der Mensch nicht als Krone der Schöpfung, iiiih, bewahre!
/OT
Keine Eile, lieber erst auskurieren ....
Nachtrag: Gerade beim zweiten Link zur Ethikdiskussion ist für mich erstaunlich, dass es in einem christlichen Zusammenhang so geschrieben wird - allerdings ohne die geringste/letzte Konsequenz daraus zu ziehen ....
Nein, Stephen Jay Gould war kein religiöser Wissenschaftler, im Gegenteil: er war ebenso überzeugter Atheist wie auch Dawkins. Er versuchte mit seiner Argumentation lediglich, in der Kontroverse zwischen Kreationisten und Rationalisten zu vermitteln.
Vielen Dank für diese Klarstellung - ich hatte das ja schon an anderer Stelle zur Kenntnis genommen.
Die 'Verwirrung' über die Absicht des Herrn Gould war bei mir entstanden weil ich den (oben zitierten) Text aus ihrem Post offenbar mißverstanden habe.