Wenn mich etwas 'ärgert', dann ist es mich hilflos, orientierungslos oder nicht ausreichend informiert zu fühlen. Deswegen muss ich einer Sache auf den Grund gehen.
Das passierte mir jüngst bei der Lektüre eines Artikels in der NZZ {Historikerinnen finden in den Geheimarchiven der Bischöfe tausend Fälle von sexuellem Missbrauch – und das ist nur «die Spitze des Eisbergs»
Über Jahrzehnte trieben pädophile Priester auch in der Schweiz ihr Unwesen. Die Kirchenoberen vertuschten systematisch – bis heute.}
Da stand in den Annalen zu lesen:
»» Der Mann, der zurückkehren soll, ist ein verurteilter Sexualtäter: ein Jahr Gefängnis bedingt wegen «Unzucht mit Kindern». Er hat eine 'Schwäche', von der der Bischof von Chur schon länger weiß. An seiner ersten Stelle in der Innerschweiz hat der Priester Minderjährige in seine Bibliothek gelockt, wo er an ihnen «umetäple» konnte, wie es in den Akten heisst .. Niemand stoppt ihn, auch nach seiner Versetzung ins Bistum Basel macht G.A. weiter ««
Der bekannte Teil ist Missbrauch, der von den Katholischen weltweit betrieben wird, und genauso weltweit vertuscht wird. Der unbekannte Teil ist dieses Wort in Schweizerdeutsch (n.b. was für eine hochtrabende Bezeichnung für einen örtlich begrenzten Dialekt. Einen von Vielen).
Was also bedeutet das Schweizer Wort «umetäple»?
Es gibt, das fand ich nach längerer Suche heraus ein *Wörterbuch der Schweizer Schweizerdeutsch Dialekte*, in dem ich nach Austausch verschiedener Wortbestandteile schließlich unter dem Wort «umetäpple» fündig wurde:
1 Treffer im Register für «umetäpple».
umeⁿtappleⁿ 13,931
schwerfällig, unsicher, auch tastend gehen [gedruckt 1966]
Es wurden mehrere Bedeutungen zusätzlich gelistet, siehe Abbildungen
Nun haben wir es geschafft - und können den Text der NZZ korrekt lesen, d.h. wir verstehen zumindest dessen Bedeutung. Ein Rätsel bleibt hingegen WARUM die Autoren zu diesem Rätselraten gezwungen haben. Mindestens den Teil der Leserschaft, die nicht des *Schweizerdeutschen* mächtig sind. (Selbst unter den *native speakers* dieser Sprache wird es zweifellos Viele geben, die den Text so wie ich nicht ohne Fremdhilfe 'sinnerfassend' lesen können).
«umetäple», wie es in den Akten heisst
Offenkundig wird der schweizerdeutsche Ausdruck aus den Akten zitiert, worin er wörtlich so steht.
Das ist durchaus denkbar. Die lange Sucherei hat mich nicht gefreut - weswegen ich mir gewünscht hätte die Autoren hätten sich überwunden und Klartext (!) geschrieben. So, wie es im letzten Absatz oben schon angedeutet ist.
Über all dem Semantischen geht hoffentlich nicht unter:
Die Katholische Kirche ist eine überwiegend moralisch und sittlich komplett verrottete Organisation von Kinderschändern, Lügnern und Vertuschern.
Mir tun nur all die Priester und sonstigen Kirchentätigen leid die Tag für Tag ihre Arbeit im Sinne der Bedürftigen und Gläubigen getan haben und weiter machen - und die nun den Makel den Andere verursacht haben ausbaden müssen.