Wohin des Wegs, CDU, CSU, SPD?

Wor­an erkennt man eine Staatskrise,
wor­an eine Glaubwürdigkeitskrise,
wor­an eine Füh­rungs­kri­se und
wor­an schei­tert letzt­lich die Demokratie?

Las­sen Sie mich mit einem Zitat begin­nen¹, das ich kürz­lich in einem Blog gele­sen habe:

Ange­la Mer­kel, Horst See­ho­fer und Andrea Nah­les haben sich gera­de durch die Affä­re Maa­ßen lächer­lich gemacht und ihren Par­tei­en einen Bären­dienst erwie­sen. Vor allem haben sie viel­leicht noch vor­han­de­nes Ver­trau­en der Bür­ger ver­spielt. Wie kann man der­ma­ßen weg von der Rea­li­tät sein und Maa­ßen erst zum Staats­se­kre­tär machen wol­len? Wie kann man ver­su­chen, die Bestel­lung zum Abtei­lungs­lei­ter zur beson­de­ren Horst’schen Ver­wen­dung als Sieg des Nach­den­kens und der Demo­kra­tie zu verkaufen?

Das "Wie" ist bis heu­te unge­klärt - sicher ist ein­zig die Akti­on des Tri­um­vi­rats Mer­kel-Nah­les-See­ho­fer die­se zuvor ange­kün­dig­te Kon­se­quenz wegen des laut tönen­den Auf­schrei­es in Bevöl­ke­rung und Medi­en rasch in etwas weni­ger Spek­ta­ku­lä­res umzuwandeln .... 

Allein: Zu spät!

Die Quit­tung kam mit Minus 12% für die CDU in Hes­sen. In Bay­ern für die SPD Minus 10%, Minus 11% in Hes­sen, nach­dem zuvor die CSU mit Minus 10% noch recht glimpf­lich davon gekom­men war [wenn man den Ver­lust von 13 der Man­da­te anschaut sieht es schon schlech­ter aus als es die Pro­zent­zahl aussagt].

Und nun erfah­ren wir, dass Herr Maa­ßen sich ver­folgt fühlt, man habe ihm Unrecht getan, ihn als Sün­den­bock etwas büßen las­sen wor­an er nicht Schuld oder betei­ligt gewe­sen sei. Nun end­lich reift bei den ver­ant­wort­li­chen Poli­ti­kern der Gedan­ke den Herrn Maa­ßen ein­fach raus­zu­wer­fen.

Hät­te man das gleich nach der Erkennt­nis getan, dass er ver­trau­li­che Infor­ma­tio­nen an die AfD wei­ter gege­ben hat­te wären min­de­stens die Koali­tio­nä­re nicht der­art tief im Anse­hen der Bevöl­ke­rung gesun­ken. An der Wahl hin­ge­gen hät­te es wohl nicht viel geän­dert. Da sind "län­ger­fri­sti­ge Über­le­gun­gen und Bin­dun­gen" (wie die Wahl­for­scher uns immer so schön erklä­ren) bedeut­sa­mer als das Tagesgeschäft.

Wie ste­hen also die Par­tei­en jetzt da?
Mir fal­len da zunächst zwei Fel­der ein, die ursprüng­lich ‚Sozi­al­de­mo­kra­tie‘ defi­niert haben:
1. Ein­tre­ten für und Schutz von Arbeitnehmerrechten;
2. Sicher­stel­lung einer gerech­ten Teil­ha­be derer, die Wer­te durch Arbeit schaffen.

Seit den Regie­run­gen Schrö­der wur­de genau die­se Kern­kom­pe­tenz ins Gegen­teil ver­kehrt und der Abstieg der Par­tei besiegelt:
Die Ver­wäs­se­rung der Kün­di­gungs­be­din­gun­gen und die Öff­nung des Arbeits­mark­tes für Zeit- bzw. Leiharbeitsunternehmen.
Die Schwä­chung der Mit­be­stim­mungs­re­ge­lun­gen zu Lasten der Gewerk­schaf­ten und Arbeitnehmer.
Schließ­lich das, was unter Hartz IV läuft, die tota­le Ent­wür­di­gung² derer, die - aus wel­chen Grün­den auch immer - ihre Arbeit ver­lo­ren haben.

Frei nach Brechts Satz „Erst kommt das Fres­sen, dann die Moral“³ könn­te man for­mu­lie­ren „Erst kommt der Lebens­un­ter­halt, dann die digi­ta­le Frei­zeit­be­schäf­ti­gung“. Bei allem Ver­ständ­nis ver­schie­de­ner Prio­ri­tä­ten gibt es doch grund­sätz­li­che­re The­men deren Lösung vor­ran­gig erscheint, um über­haupt die Muße und Kon­zen­tra­ti­on auf­zu­brin­gen sich der Digi­ta­li­sie­rungs­pro­ble­ma­tik zuzuwenden.

Hört man nun, was die Frau Nah­les so von sich gibt ver­lau­ten läßt, so wird klar:
Die­se Frau hat den Anschluß an die Rea­li­tät völ­lig verloren!
Anstatt zu erken­nen wie sehr die Ergeb­nis­se von ihr selbst ver­ur­sacht wur­den schaut sie zu allen ande­ren Betei­lig­ten in ihrer Par­tei und beim Koali­ti­ons­part­ner und sucht da nach 'Schul­di­gen'.

Die Rea­li­tät schreibt immer die beste Satire.

Wie steht die CDU/CSU da?
Die Frau Kanz­le­rin hat einen Befrei­ungs­chlag geschaf­fen - sie will nicht mehr für den Par­tei­vor­sitz kan­di­die­ren. Alle reden nun von den Nach­fol­ge­kämpf­chen, nicht mehr von den Ver­lu­sten bei den letz­ten Landtagswahlen.

Die Frau v. d. Ley­en ist selt­sam still. Das bedeu­tet für mich: Sie wird dann "antre­ten", wenn die Situa­ti­on mit den jetzt schon bekann­ten Bewer­bern so ver­fah­ren ist, dass sie als die "Ret­te­rin" emp­fun­den wird und ihren gro­ßen Auf­tritt hat. Das größ­te Lügen­maul mit den drei­ste­sten Lügen - sie­he Trump in U.S.A. - ist es doch, das am Ende als Sie­ger dasteht.

Dann wird Frau Mer­kel auch den Kanz­ler­ses­sel frei­ge­ben und sich verabschieden.

∘ ∘ ∘ ∘ ∘

¹ Mei­nung zur Maa­ßen-Affä­re: Alle drei betei­lig­ten Haupt­ak­teu­re sind nicht mehr trag­bar – AfD reibt sich die Hände

² UNITED NATIONS; Eco­no­mic and Social Coun­cil; 12 Octo­ber 2018; Com­mit­tee on Eco­no­mic, Social and Cul­tu­ral Rights; Con­clu­ding obser­va­tions on the sixth peri­odic report of Ger­ma­ny [PDF; deut­sche Fas­sung → HIER]

³ Denn wovon lebt der Mensch? In: Die Drei­gro­schen­oper : der Erst­druck 1928. Mit einem Kom­men­tar hrsg. von Joa­chim Luc­che­si. Frank­furt am Main: Suhr­kamp, 2004. S. 67. ISBN 3−518−18848−8

Kommentare

  1. Poli­ti­ker in Deutsch­land, die weit weg sind von der Real­tiät der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger? In öster­reich sind ande­re Per­so­nen und ande­re Par­tei­en an der Macht, als in Deutsch­land, trotz­dem das glei­che Erscheinungsbild.Und: Die Schwä­chung der Mit­be­stim­mungs­re­ge­lun­gen zu Lasten der Gewerk­schaf­ten und Arbeit­neh­mer. Die aktu­el­le schwarz-blaue Regie­rung betreibt flei­ßig den Abbau der sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Errungenschaften.

    1. Mich wun­dert in die­sen Tagen nichts mehr - seit ich bei den letz­ten Wah­len die immer noch viel zu hohen Wer­te für rechts­extre­me und erz­kon­ser­va­ti­ve Par­tei­en gese­hen habe.
      Dazu der Unwil­le der SPD sich mit denen zu ver­bün­den die sich seit Jah­ren für Arbeit­neh­mer­rech­te ein­set­zen: "Die Linke".
      Ich hof­fe nur, die Ent­wick­lung hin zum Tota­li­tä­ren läuft so lang­sam, dass ich es nicht mehr erlebe ....

  2. Das "Tota­li­tä­re" ist längst da und geht von den bereits Regie­ren­den aus. Oder wie wür­dest Du die Aus­sa­ge von Frau Mer­kel sonst bewer­ten, dass man Par­tei­en , die eine "fal­sche" Mei­nung ( was "falsch ist, bestimmt wer ?) ver­tre­ten BESTRAFEN müsse ?

    1. "Tota­li­tär" - dar­un­ter ver­ste­he ich einen faschi­sti­schen Staat ohne jeg­li­che bür­ger­li­che Frei­heit. So weit sind wir doch noch nicht. 

      Wie ich schon öfter dar­ge­stellt habe sind Wah­len wegen der trick­rei­chen Aus­ge­stal­tung von Legis­la­tur­pe­ri­ode zu Legis­la­tur­pe­ri­ode immer weni­ger Ergeb­nis des­sen, was die Bevöl­ke­rung tat­säch­lich will. Daher bewe­gen wir uns in Rich­tung Totalitarismus.

      Durch
      1. Gestal­tung der Wahlkreise
      2. Auf­stel­lungs­mo­dus für Kandidaten
      3. Landeslistenreihung
      4. Frak­ti­ons­zwang wenn im Amt
      5. The­men­fin­dung nach Mehrheitsprinzip
      6. Zugang zu Wirt­schafts­ver­wen­dun­gen durch geziel­te Kontakte

      wer­den die Wei­chen auf allen Ebe­nen so gestellt, dass das 'gewünsch­te' Ergeb­nis herauskommt.

      Außer­dem [Ach­tung: Ver­schwö­rungs­theo­rie!] sind die Geheim­dien­ste dem Kanz­ler­amt unter­stellt - wes­we­gen ich über­zeugt bin, dass man dort über alle poli­tisch Akti­ven Dos­siers hat und die­se von Fall zu Fall dazu nutzt unlieb­sa­me Ent­wick­lun­gen im Keim zu ersticken.
      Dazu paßt doch blen­dend der Gedan­ke "fal­sche Mei­nun­gen" so im Zau­me zu hal­ten. Und, wie schon zu erle­ben war, mit Hil­fe der Pres­se alles was den­noch hoch kommt end­gül­tig zu 'erle­di­gen'.

      Ich neh­me mal nur Hes­sen: Herr Bouf­fier hat mas­siv Federn gelas­sen und behaup­tet doch ganz dreist er habe den Wäh­ler­auf­trag eine neue Regie­rung zu bil­den - für sowas kom­men ande­re Leu­te in die Psych­ia­trie, er wird wohl Regierungschef.

    2. Aber ist Poli­ti­sche Macht nicht eine Form der Legi­ti­ma­ti­on, um den Mäch­ti­gen selbst Vor­tei­le zu ver­schaf­fen und zu sichern - und größt­mög­li­chen Nut­zen zu zie­hen aus einem Macht-Ohn­macht Ver­hält­nis gegen­über den Bür­gern und Bürgerinnen?

      1. Selbst­re­dend! Die Macht­po­si­ti­on ist ja auto­ma­tisch mit einer finan­zi­el­len 'Beloh­nung' für all den selbst­lo­sen Ein­satz zum Woh­le des Wahl­vol­kes ausgestattet ...!

    3. " ... und behaup­tet doch ganz dreist er habe den Wäh­ler­auf­trag eine neue Regie­rung zu bilden."
      In öster­reich, ein ähn­li­ches Bei­spiel. Da behaup­tet der Vize­kanz­ler, sie (FPÖ) sei von der Mehr­heit gewählt wor­den und schul­de es den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern, für .... zu sor­gen." _ das ist gelin­de gesagt Unsinn. Die Par­tei ist nicht von der Mehr­heit ins Par­la­ment gewählt wor­den, son­dern ist durch eine Regie­rungs­ko­ali­ti­on mit der ÖVP in die Regie­rung gekom­men. Gewählt wur­de die FPö von etwa 20 % der Bevöl­ke­rung. - Dreist, sei­ne Mehrheitsbehauptung. 

      Unlängst gab es im Radio das The­ma, wenn ver­meint­li­che Wirk­lich­kei­ten in die Welt gesetzt wer­den, dann sind sie mal drau­ßen in der Öffent­lich­keit. Eine Kor­rek­tur fin­det kaum statt und wer­den auch kaum wahr­ge­nom­men von der Bevölkerung.

      1. Man kennt doch die Rie­sen­schlag­zei­len der Bou­le­vard­blät­ter - und wenn sie ein Demen­ti abzu­drucken ver­ur­teilt sind, so ist es auf der zwei­ten oder fol­gen­den Sei­ten und recht klein gedruckt. Man setzt auf das Ver­ges­sen - und mit Recht. Wer denkt schon noch an den aktu­el­len Fall von vor zwei oder drei Wochen?

        Außer­dem ist es - das hat­te ich hier schon mehr­mals ange­spro­chen und erläu­tert - immer sehr viel Auf­wand den Wahr­heits­ge­halt 1. zu prü­fen und 2. Lügen zu wider­le­gen, denn das erfor­dert sehr viel Zeit. Selbst wenn es bewie­sen wird (sie­he Trump in den USA) wer­den es die Mas­sen der Anhän­ger nicht akzep­tie­ren, weil sie nicht ratio­nal den­ken son­dern ihrem "Held" und "Idol" glau­ben (wol­len!).

  3. Wenns denn wenig­stens ein Raus­wurf wäre. "Ver­set­zung in den einst­wei­li­gen Ruhe­stand" klingt weder so end­gül­tig noch so sehr nach Stra­fe, wie ich es ange­mes­sen fän­de -- der Herr Maa­ßen wird schon sei­ne Schäf­chen im Trocke­nen haben, lei­der. Denn raus­ge­wor­fen gehört hät­te er ja auch schon lan­ge vor Chem­nitz, gell.

    1. Das Beam­ten­deutsch stammt noch aus Kai­sers Zei­ten und klingt daher für uns alt­backen - die Beam­ten­schaft selbst mag es wohl immer noch so.
      Außer­dem ist das, was wir als "Klaps auf den Hand­rücken" als Bestra­fung sehen für einen Beam­ten schon der Zusam­men­bruch sei­nes Weltgefüges.

      Nach­dem ich ver­sucht habe zivi­li­siert auf die Ange­le­gen­heit zu blicken stim­me ich ihrer Ein­schät­zung zu. Es hät­te schon lan­ge etwas pas­sie­ren müssen.

      Aber wie ich schon oben in mei­ner Ant­wort auf Frau Bri schrieb: Es mag Grün­de geben, war­um es den Akteu­ren nicht oppor­tun erschien die Auf­deckung von eige­nen 'klei­nen Geheim­nis­sen' zu ris­kie­ren - viel­leicht erfah­ren wir die ja noch in der näch­sten Zeit wenn der Herr M. 'nachta­rockt'.

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