[Quelle]
Übersetzung:
... im Vergleich dazu scheint das öffentliche Schulsystem der Vereinigten Staaten (eine Idee, die übrigens wir erfunden haben) außerordentlich kleinlich ...
Als ich diese Aussage las dachte ich "Das kann so nicht richtig sein - das ist bestimmt wieder so eine hochtrabende amerikanische Aussage, die jeder Wahrheit entbehrt!"
Was in solchen Fällen hilft ist, sich schlau zu machen und nach den Anfängen des "Öffentlichen Schulsystems" zu suchen. Gefunden habe ich zuerst eine Zusammenstellung zu den Schulen die vor dem Jahr 1500 nachweislich vorhanden waren und dann viele der danach begründeten Schulen.
Dann stieß ich auf einen Artikel beim Deutschlandfunk, der unter dem Titel "300 Jahre Schulpflicht; Bildungshistoriker: Schule muss sich selbst neu erfinden können" die Ereignisse von 1717 [Erstes Friedrich'sches Dekret zur Unterrichtspflicht¹], 1763 [Generallandschulreglement] und 1794 [Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten²] in einer Diskussion darstellt.
Doch das preußische Bildungsreglement stand nicht ganz am Anfang, "Die Zeit" ordnet es - nach Erforschung mehrerer Quellen - eher ein halbes Jahrhundert früher im Jahre 1657 ein:
Ein allgemeines Schulrecht, verbunden mit einer Schulpflicht für alle Kinder, scheint endgültig ab 1874 bestanden zu haben³.
Dagegen stehen die Daten aus der Kolonialisierung der U.S.A.:
1607 Jamestown Colony
1620 Besiedelung durch die "Pilgerväter"
1776 Unabhängigkeitserklärung; Gründung der Vereinigten Staaten
1787⁄1788 Verfassung
1804⁄1806 Lewis-und-Clark-Expedition von
1842 Landnahmen durch Siedler auf den Trecks nach Westen
1861 – 1865 Bürgerkrieg
Abgesehen davon, dass es ein umfassendes, allgemeines Schulrecht für Preußen erst im Jahr 1794 gegeben hat, waren doch schon seit mindestens dem Jahre 1500 höhere Bildungsanstalten in Deutschland flächendeckend vorhanden. Das war etwa die Zeit, in der Amerika gerade entdeckt wurde [Oktober 1492].
Es scheint zudem vor dem Hintergrund der Geschichte der U.S.A. [siehe auszugsweise Zeittafel oben] wenig wahrscheinlich, dass die Vereinigten Staaten das Schulsystem "erfunden" haben als sie noch dabei waren den Westen zu besiedeln, und als es noch weniger als 35 Staaten in diesem Land gab. Die Aufnahme von Territorien in den Verbund setzte sich überwiegend bis 1846, teilweise noch ins 20. Jahrhundert fort.
Ich habe trotz intensiver Suche keinen Beweis dafür gefunden, dass das Schulsystem für Alle [Allgemeine Schulpflicht] in den Vereinigten Staaten von Amerika *erfunden* wurde. Insoweit hat sich mein erster Gedanke zu dem Zitat ganz oben auf dieser Seite bestätigt. Sollten Sie, liebe Lesende, dazu etwas wissen, so bitte ich um Mitteilung um hier eventuelle Korrekturen vornehmen zu können.
Danke!
¹
²
³
Zitate aus Leserkommentaren zu Artikel in der "Washington Post":
1.
Hey, maybe our kids would better be able to make friends if they were educated enough to be able to carry on a conversation about something besides styles and drugs and phones.
2.
Dieses Zitat spielt darauf an, dass es eine zunehmende Zersplitterung des Schulsystems gibt, die teilweise aus religiösen Kreisen hervorgerufen wurde, da dem allgemeinen Schulsystem unterstellt wird es *bekämpfe* den Glauben bzw. nehme nicht die religiösen Standpunkte (Beispiel: Evolution vs. Schöpfungsgeschichte) ausreichend ernst.
Ein weiteres Zitat:
Internationaler Vergleich und Kritik
Im Vergleich zu anderen entwickelten Staaten erreichen die Fähigkeiten der Schüler und Absolventen oft nur unterdurchschnittliche Leistungen. In den PISA der OECD belegten 2003 in Mathematik 15-jährige den 24. Platz, in Naturwissenschaften den 19. Platz, in Lesen den 12. Platz und in Problemlösungsfähigkeiten den 26. Platz. Teilgenommen an der Studie hatten 38 Staaten. Beinahe jeder dritte Amerikaner verlässt die Schule ohne Abschluss.[2] Viele Wirtschaftsführer haben dahingehend Bedenken geäußert, dass die Qualität des US-Bildungssystems in seiner Gesamtheit unter einem akzeptablen Niveau liegt.
Siehe dazu noch
→ Eine Frage des Geldes?; Das Bildungssystem der USA
Franz Hörburger führt in seinem Buch "Geschichte der Erziehung und des Unterrichts" die Studienverfassung an: Sie wurde von Ingantius von Loyola in den "Constitutiones" vorgezeichnet, die endgültige Regelung erfolgte 1599 in der "Ratio studiorum". darin wurde der Inhalt der Bildung geregelt und der Geist der Erziehung definiert. (" ... Religiosität als oberstes Ziel eines lebendigen Glaubenslebens und sittlichen Geboten nach den Geboten der Religion")
Die erste staatliche Schulordnung für deutsche und lateinische Schulen in Ober- und Niederbayern (wozu auch das Innviertel gehörte) erschien 1569. Darauf folgte die Tiroler Schulordnung 1586. Von 1600 bis 1770 gab es eine zunehmende Zahl deutscher Schulen, die neu gegründet worden waren.
Pädagogische Werke in der damaligen Zeit stammen von D. Johann Amos Commenius gliedern sich in "Praktische Werke für den Unterricht" und "Theoretische Schriften". Er verfasste 140 Werke, viele davon sind Lehrbücher. Seine letzte Veröffentlichung 1668. Er besaß umfangreiche Kenntnisse über die Literatur seiner Zeit, er gewann mannigfache Anregungen aus den Schrfiten von Vives, Monataignes, Descartes, Bacons und Ratkes.
Bei der Suche nach Quellen & Daten habe ich schon mehrere Versuche unternommen und dann viel gelesen, wonach ich mich entschieden habe was ich verwenden wollte. Vielen Dank für ihre Mühe & die Erläuterungen zu den Ereignissen und historischen Hintergründen. Es scheint danach - wenn man die anderen Informationen dazu nimmt - so um 1600 der Gedanke an eine breitere Bildung der Bevölkerung an Schwung gewonnen zu haben, und sich schließlich zur Jahrhundertwende 1700 durchgesetzt zu haben.
Was die Inhalte des Unterrichtes angeht fände ich es wichtig einmal später dazu etwas zusammen zu tragen. Schule war ja kein Selbstzweck - da gibt es bestimmt große Verschiedenheit je nach "Schulträger" [Die Gymnasien mit Latein & Griechisch wurden als Nachwuchsschmieden des Klerus angesehen, meine Schule war so ein Fall. Das erfuhr ich als Sextaner bei der 350-Jahr-Feier 1955].