bookmark_borderVeranstaltungshinweis


Der Arbeits­kreis Selbst­be­stimm­tes Ster­ben Olden­burg teilt mit
fol­gen­de Nach­richt am 04.05. erhal­ten zu haben:
 

Moin,

falls noch nicht bekannt, möch­te ich heu­te auf eine Ver­an­stal­tung auf­merk­sam machen, die am 17.05.23 um 18.30 Uhr in Bre­men (Dom­ska­pi­tel­haus, Doms­hei­de 8) statt­fin­det und der es um die neue Ster­be­hil­fe­ge­setz­ge­bung gehen wird.

Ver­an­stal­te­rin ist die Bre­mer Lan­des­kir­che. Ein­ge­la­den ist die Bre­mer Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Dr. Kir­sten Kap­pert-Gon­ther (Die Grü­nen), die eine star­ke Ver­fech­te­rin des Gesetz­ge­bungs­ent­wurfs ist, der die Ster­be­hil­fe wie­der unter Stra­fe stel­len will. Es wäre schön, wenn vie­le Men­schen, die das selbst­be­stimm­te Ster­ben für ein zu bewah­ren­des Gut hal­ten, das nicht durch die Keu­le des Straf­rechts ein­ge­schränkt wer­den soll, an die­ser Ver­an­stal­tung teil­neh­men. Wür­de mich freu­en, wenn vie­le dabei wären!

Hier ein paar Infos zu der Mei­nung der Landeskirche:

Besten Gruß
Peter Boesel
Aurich

Unter fol­gen­den Link gibt es nähe­re Infor­ma­tio­nen zu der Veranstaltung

Es ist mei­ner (Hab­bo Schütz') Ansicht nach sehr beschä­mend für die Evan­ge­li­sche Lan­des­kir­che Bre­men, eine Abge­ord­ne­te ein­zu­la­den, die sich für einen ver­fas­sungs­wid­ri­gen Para­gra­phen stark macht. Die Hal­tung der Bre­mer Lan­des­kir­che ist in die­ser Hin­sicht extre­mi­stisch und tritt unse­re frei­heit­li­che Grund­ord­nung mit Füßen. Chri­sten­tum und Selbst­be­stim­mung müs­sen sich mei­ner Mei­nung nach nicht ausschließen.

Daher wer­den wir als Arbeits­kreis nach Bre­men fah­ren. Wie Herr Boe­sel es auch for­mu­liert hat, ist es gut, wenn nicht nur „christ­lich-unter­tä­ni­ge Ja-Sager“ an der Ver­an­stal­tung teil­neh­men, son­dern auch mög­lichst vie­le frei­heits­lie­ben­de Men­schen wie wir. Inner­halb der Kir­chen gibt es libe­ral-den­ken­de Men­schen wie uns, und die Kir­chen­obe­ren müs­sen begrei­fen, dass ihre dog­ma­ti­schen Ansich­ten an denen der Basis kom­plett vorbeigehen.

Es ist somit kein Wun­der, dass die Men­schen der Kir­che weg­lau­fen, wenn sol­che mit­tel­al­ter­li­chen Ansich­ten von den Kir­chen­vä­tern gepre­digt werden. 

Ich (W. v. Sulecki, Blog­be­trei­ber) möch­te hier noch hin­zu­fü­gen, dass es in Bre­men eine unse­li­ge Ver­we­bung zwi­schen Poli­tik und Kir­che gibt [Bre­men: Eine Hoch­burg der Evan­ge­li­ka­len]. Kein Poli­ti­ker der nicht der Kir­che ange­hört wird ein Amt beklei­den und es sind eini­ge weni­ge Fami­li­en die das öffent­li­che und spi­ri­tu­el­le Den­ken und Leben im Stadt­staat bestimmen.

Nicht nur die Evan­ge­li­ka­len haben Rück­halt und Ein­fluß, durch ein Kon­kor­dat gibt es mit Bre­men eine bin­den­de Ver­ein­ba­rung [*.pdf Datei] mit der Katho­li­schen Kirche.

Ande­rer­seits gibt es einen Arti­kel aus 2019 im Weser­ku­rier mit dem Titel "Tau­sen­de Aus­trit­te; Bre­mer Kir­chen lau­fen Mit­glie­der davon;
Immer mehr Men­schen keh­ren den bei­den gro­ßen Kir­chen in Deutsch­land den Rücken - auch in Bre­men. Katho­li­ken und Pro­te­stan­ten suchen nach Ant­wor­ten. 19.07.2019, 07:03 Uhr"

Abschlie­ßend möch­te ich noch auf eine Ver­öf­fent­li­chung ver­wei­sen die sich der Fra­ge "Wer bezahlt was für Kir­chen und Amts­trä­ger?" nach­geht → "Staat zahlt Kir­chen­ge­häl­ter" Der Ein­druck der Bevöl­ke­rung die Kir­chen bräuch­ten die Kir­chen­steu­er für die Bezah­lung ihrer sozia­len Dien­ste ist falsch, und selbst die Amts­trä­ger wer­den vom Staat - auch von aus­ge­tre­te­nen Kir­chen­mit­glie­dern (!) bezahlt.
All das geht auf das Jahr 1803 zurück - und es ist ein Skan­dal, dass immer noch Jahr für Jahr Mil­li­ar­den an die Kir­chen bezahlt wer­den für etwas, das davor, also vor mehr als 220 Jah­ren, ihnen gehörte.

bookmark_borderArbeitskreis Selbstbestimmtes Sterben Oldenburg

[Pres­se­mit­tei­lung & Abbil­dun­gen hier über­nom­men und zitiert mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Arbeitskreises]

Am 21.4.2023 fand die 6. öffent­li­che Ver­an­stal­tung vom Arbeits­kreis Selbst­be­stimm­tes Ster­ben Olden­burg an einem Frei­tag­abend, bei herr­lich­stem Wet­ter, im PFL in Oldenburg
statt.

Olaf San­der war mit Fami­lie - Frau und Vier­bei­ner - aus Däne­mark ange­reist, um die vom
SWR im Jahr 2016 erstell­te Repor­ta­ge „Frau S. will ster­ben - Wer hilft am Lebensende“
(wel­che die Zeit unmit­tel­bar vor und bis zum Frei­tod sei­ner Mut­ter zeigt) vor­zu­füh­ren, um
anschlie­ßend über die Erleb­nis­se die­ser Zeit zu berich­ten und Fra­gen aus dem Publi­kum zu
beantworten.
Den Zuschau­ern bot sich der berüh­ren­de Kampf­geist von Ingrid San­der bis zu ihrem
selbst­be­stimm­ten Sui­zid und der Beglei­tung ihres Soh­nes Olaf.
Durch eine Infek­ti­on mit Polio­mye­li­tis und dem nach­fol­gen­den Post-Polio-Syndrom
(Kin­der­läh­mung) war die inzwi­schen 78jährige Ingrid San­der der­art kör­per­lich eingeschränkt,
dass ohne Hil­fe anzie­hen, waschen und sich Essen zube­rei­ten kaum mehr mög­lich war.
Ingrid San­ders jahr­zehn­te­lan­ges Kämp­fen um ihr Recht selbst­be­stimmt und nach ihrer
Wür­de aus dem Leben zu schei­den, die Beschaf­fung der nöti­gen und sicher wirksamen
Medi­ka­men­te und die genaue Pla­nung gin­gen ihrem Frei­tod vor­aus. Der als Sterbehelfer
bekann­te Arzt Dr. Uwe Chri­sti­an Arnold half bei der Vor­be­rei­tung. Die­sen Arzt an der Seite
sei­ner Mut­ter zu haben war, wie Olaf San­der in dem Film sag­te: „Die beste
lebens­ver­län­gern­de Maß­nah­me für sei­ne Mut­ter". Ohne die Zusa­ge die­ses beeindruckenden
Man­nes ihr zu hel­fen, wenn sie ihr Leben nicht mehr erträgt, wäre sie schon viel frü­her aus
dem Leben gegan­gen. Eine anstren­gen­de Rei­se in die Schweiz, um dort zu ster­ben, kam für
sie nicht Fra­ge. Erstens weil sie in ihrem Umfeld und nach ihren Bedin­gun­gen ster­ben wollte
und zwei­tens, weil ihr ohne­hin die finan­zi­el­len Mit­tel für die­ses teu­re Unter­fan­gen fehlten.
Die Ver­zweif­lung Olaf San­ders, die gelieb­te Mut­ter bei ihrer Erlö­sung zu beglei­ten, wur­de im
Film und im nach­träg­li­chen Gespräch bei die­ser her­vor­ra­gen­den Ver­an­stal­tung in Oldenburg
sehr deut­lich. Bis heu­te emp­fin­det es Olaf San­der aber auch als gro­ße Ehre, sei­ner Mutter
bei die­ser letz­ten gro­ßen Ent­schei­dung und der end­gül­ti­gen und selbst­be­stimm­ten Handlung
bei­gestan­den zu haben.
Zu die­ser Zeit galt der von Ärz­te­or­ga­ni­sa­tio­nen, Kir­chen und Poli­tik durch­ge­drück­te § 217
StGB zur Ster­be­hil­fe. Unsin­ni­ger­wei­se war es nur Ange­hö­ri­gen erlaubt, die­sen Liebesdienst
zu erweisen.
Olaf San­der konn­te auf die regen Fra­gen und Kom­men­ta­re der gut fünf­zig Per­so­nen, die der
Ein­la­dung des Arbeits­krei­ses Selbst­be­stimm­tes Ster­ben Olden­burg gefolgt sind, sehr
authen­tisch reagie­ren. Er erklär­te sehr ein­drück­lich und berüh­rend auch die Situa­ti­on bei
den Ermitt­lun­gen, die nach dem Frei­tod sei­ner Mut­ter folg­ten (und uns wie­der droht). Noch
heu­te ist er froh, sich im Vor­feld einen Anwalt gesucht zu haben. Die­ser hat ihn in dieser
schwe­ren Zeit juri­stisch ver­tre­ten und mit Rat und Tat zu Sei­te gestanden. 

Bevor die Mut­ter starb, ent­fern­te Olaf San­der sich von sei­ner Mut­ter, um der Ankla­ge der
damals straf­ba­ren unter­las­se­nen Hil­fe­lei­stung zu ent­ge­hen und wie es des­halb mit ihr und
Dr. Arnold abge­spro­chen war. Das bedau­ert er bis heu­te sehr, weil die Ermittlungsbehörden
kaum hät­ten nach­wei­sen kön­nen, wenn er bis zum Schluss bei ihr geblie­ben wäre. Zum
Beweis sei­ner Abwe­sen­heit ließ er sich von den Über­wa­chungs­ka­me­ras eines Spielsalons
fil­men, gleich­wohl er Spiel­sa­lons ver­ach­tet, dort aber ein siche­res Ali­bi bekom­men konnte.
Wie es ihm dort in die­ser Situa­ti­on zumu­te war, kann wohl jeder erahnen.
Not­arzt­wa­gen, poli­zei­li­chen Ermitt­lun­gen, Ankla­gen und Mit­nah­me aufs Revier folg­ten wie
erwar­tet. Der her­vor­ra­gen­de Ein­satz des zuvor infor­mier­ten Anwalts, Ver­hin­der­te eine
Unter­su­chungs­haft, da Olaf San­der kei­ne ladungs­fä­hi­ge Adres­se in Deutsch­land hat­te. Ohne
die­sen Anwalt wäre Olaf San­der sehr wahr­schein­lich inhaf­tiert wor­den. Die endgültige
Ein­stel­lung des Ver­fah­rens erfolg­te dann auch erst mehr als zwei Jah­re später.
Im Film kamen auch die ver­ant­wort­li­chen Poli­ti­ker Micha­el Brand (CDU) und Ker­stin Griese
(SPD) zu Wort, die den Ent­wurf die­ses Geset­zes damals in den Bun­des­tag ein­brach­ten, was
dann 2015 - zum Ent­set­zen vie­ler Bun­des­bür­ger - ver­ab­schie­det wurde.
Der § 217 StGB war gleich­zu­set­zen mit einer Ent­mün­di­gung von uns Bür­gern. Und nun droht
womög­lich eine Neuauflage!
Im Febru­ar 2020 wur­de dann vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt fest­ge­stellt, dass dieser
Para­graph nicht mit der in unse­rem Grund­ge­setz ver­an­ker­ten Selbst­be­stim­mung zu
ver­ein­ba­ren war. Die Bun­des­rich­ter erklär­ten das Gesetz am 26.2.2020 des­halb als
ver­fas­sungs­wid­rig und somit nichtig.
Aktu­ell lie­gen dem Bun­des­tag drei neue Gesetz­ent­wür­fe vor. Mit einer Ent­schei­dung ist noch
in die­sem Jahr zu rech­nen. Wie­der dro­hen gro­ße Ein­schrän­kun­gen! Ins­be­son­de­re der
Ent­wurf um Lars Castel­luc­ci (SPD) igno­riert die Ent­schei­dung unseres
Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts in höch­stem Maße.

Der Arbeits­kreis Selbst­be­stimm­tes Ster­ben Olden­burg wird wei­ter infor­mie­ren, kämp­fen und
demon­strie­ren und braucht dafür auch die zahl­rei­che Unter­stüt­zung aus der Bevölkerung.
Der Arbeits­kreis for­dert alle Gleich­ge­sinn­ten auf vor Ort eige­ne Grup­pen zu bil­den, auf die
Stra­ße zu gehen und laut zu wer­den und dem Gesetz­ge­ber somit zu zei­gen, was der Wille
des über­wie­gen­den Teils der Bevöl­ke­rung ist.
Jeder hat sei­ne eigen­ste Art aus dem Leben gehen zu wol­len und die­se Frei­heit wol­len wir
mit unse­ren Aktio­nen erhal­ten. Macht bit­te mit!

Autorin­nen: Hei­ke Engels & Ange­li­ka Salzburg-Reige