bookmark_borderDer Tod ist gewiss, die Stunde ungewiss ....

Ein Blick in die Sta­ti­stik beweist eine unum­stöß­li­che Tatsache:
Wer jen­seits sei­nes sieb­zig­sten Lebens­jah­res ist hat im Mit­tel als Mann noch ca. acht Jah­re, als Frau ca. zwölf Jah­re zu leben. Das ist kei­ne end­gül­ti­ge Aus­sa­ge, denn die­ser Wert ändert sich mit jedem Geburtsjahrgang.

Was bleibt ist das Bewußt­sein irgend­wann, spä­te­stens in ein paar Jah­ren, mög­li­cher­wei­se schon bald, an der Rei­he zu sein. Die Span­ne ist unge­wiß, aber mit jedem zusätz­li­chen Lebens­jahr wächst die Wahr­schein­lich­keit. Die­ses Bewußt­sein, die­se Erkennt­nis des Unaus­weich­li­chen beglei­tet mich immer mal wie­der, tritt aus dem Unter­be­wuß­ten ins Bewuß­te, füllt mehr oder weni­ger inten­siv mei­ne Gedanken. 

Nie­mand will *gern* ster­ben, ich auch nicht. Mir geht es gesund­heit­lich gut, bes­ser als man­chem jün­ge­ren Men­schen, das ist ein glück­li­cher Umstand, von dem ich hof­fe, dass er noch recht lan­ge anhält. Schließ­lich ist die Anga­be der "mitt­le­ren Lebens­er­war­tung", wie der Name schon sagt, ein Mit­tel­wert - und da gibt es eine Span­ne nach oben und unten. So kann man - in Abwand­lung der Über­schrift "Der Tod ist gewiss, die Stun­de unge­wiss ...." abge­wan­delt for­mu­lie­ren "Der Tod ist gewiss, Jahr, Tag und Stun­de sind ungewiss .... ".

Wenn ich mein Leben Revue pas­sie­ren las­se und mich fra­ge "Bin ich bereit?", so lau­tet die Ant­wort "Ja!". Ich glau­be nicht an ein Leben nach dem Tode, an Para­dies oder Höl­le, an eine Wie­der­ge­burt oder Ver­wei­len in einer ener­ge­ti­schen Wol­ke - das Alles sind nach mei­ner Auf­fas­sung Wunsch­ge­bil­de jener Men­schen, die sich mit der End­lich­keit des Seins nicht abfin­den können.

Als Natur­wis­sen­schaft­ler bin ich über­zeugt ein Teil der beleb­ten Umwelt zu sein. Wenn man ande­re Lebe­we­sen beob­ach­tet, sich bewußt ist, dass der Mensch ledig­lich eine beson­de­re Art unter den Säu­ge­tie­ren ist ¹, dann kann man den Zyklus des Lebens erkennen:
Geburt, Fort­pflan­zung, Tod - das ist unser Lebens­ver­lauf, unse­re Lebens­auf­ga­be ist die gene­ti­sche Viel­falt der Art zu för­dern, zu deren Exi­stenz und Erhalt bei­zu­tra­gen und dann --- zu ster­ben und Platz zu machen für all die Gene­ra­tio­nen, die nach uns kom­men wer­den. Immer vor­aus­ge­setzt, die Erde wird nicht vor­her durch das Wir­ken der Men­schen² unbe­wohn­bar und öde.

Als Mensch der gewohnt ist sein Leben in die Hand zu neh­men und nicht dar­auf zu war­ten, dass Ande­re es für mich tun, fin­de ich es ärger­lich die­sen letz­ten Schritt nicht selbst zu bestim­men. Die­se Umge­wiß­heit gefällt mir nicht - und doch schät­ze ich sie zugleich, denn jeder zusätz­li­che Tag ist ein Gewinn.

Ich bin ein Indi­vi­du­um mit Kör­per und Geist, stirbt der Kör­per und mit ihm das Gehirn, so ist auch der Geist, die Indi­vi­dua­li­tät, mei­ne Per­sön­lich­keit per­du. Kei­ne Gehirn­ak­ti­vi­tät mehr - kein Indi­vi­du­um mehr, kei­ne Kör­per­funk­ti­on, die sich gegen den Ver­fall ins Cha­os wehrt .... und dann folgt die Zer­le­gung in all die che­mi­schen Sub­stan­zen aus denen wir auf­ge­baut sind und über lan­ge Zeit bestehen.

Und wis­sen Sie, lie­be Lesen­de, was mir das Ster­ben wirk­lich ver­gällt? Es ist die Tat­sa­che, dass ich dann nicht mehr weiß wie es auf die­sem Pla­ne­ten wei­ter geht, was mit Fami­lie, Freun­den, dem Land und der Welt passiert.
Andererseits: 

Das Leben aller Ande­ren geht wei­ter. Ein Sand­korn weni­ger in der Wüste - das ist kaum der Rede wert.

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Ein wesent­li­cher Grund für den Raub­bau an der Natur ist die christ­li­che Leh­re der Mensch als "Abbild Got­tes" sei eine höher­wer­ti­ge Krea­tur und müs­se sich "die Erde unter­tan machen"
¹ Zitat: 1.Mose 27-29
27Und Gott schuf den Men­schen ihm zum Bil­de, zum Bil­de Got­tes schuf er ihn; und schuf sie einen Mann und ein Weib. 28Und Gott seg­ne­te sie und sprach zu ihnen: Seid frucht­bar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch unter­tan und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Him­mel und über alles Getier, das auf Erden kriecht. 29Und Gott sprach: Seht da, ich habe euch gege­ben aller­lei Kraut, das sich besamt, auf der gan­zen Erde und aller­lei frucht­ba­re Bäu­me, die sich besa­men, zu eurer Speise,…

² Zitat:
Die Vor­stel­lung von der Herr­schafts­stel­lung des Men­schen hat einen nach­hal­ti­gen Ein­fluss auf das von der jüdisch-christ­li­chen Kul­tur gepräg­te Abend­land aus­ge­übt. In Euro­pa und in der Fol­ge in Ame­ri­ka sind die größ­ten Erfin­dun­gen ent­stan­den, die spek­ta­ku­lär­sten Ent­deckun­gen gemacht wor­den, haben sich Tech­nik und Indu­strie am rasan­te­sten ent­wickelt - und all das gegen den erbit­ter­ten Wide­stand der Amts­kir­chen, bis heu­te. Der abend­län­di­sche Mensch war der fau­sti­sche Typ, der mit einem Wis­sens- und For­schungs­drang ohne­glei­chen fer­ne Län­der und Kon­ti­nen­te erober­te und die Geset­ze der Natur auf­deck­te. Denn er war ja mit dem Auf­trag aus­ge­stat­tet, sich die Erde unter­tan zu machen. Doch wie ein Berg­stei­ger, der trotz Unwet­ter­war­nung ein­fach wei­ter­klet­tert, ver­lor der Mensch oft die Gren­zen aus den Augen und ließ es am nöti­gen Respekt vor der Wür­de gegen­über ande­ren Men­schen und vor allem den Tie­ren fehlen.

So erklär­ten die Kon­qui­sta­do­ren die erober­ten Län­der kur­zer­hand für ihre eige­nen, zwan­gen den Urein­woh­nern ihre Reli­gi­on und Kul­tur auf und schlepp­ten Seu­chen und Krank­hei­ten in die frem­den Län­der. Die Ein­wan­de­rer Nord­ame­ri­kas zer­stör­ten in kür­ze­ster Zeit die ursprüng­li­che Land­schaft samt ihrer Tier­welt und ver­nich­te­ten mit Hil­fe ihrer Waf­fen den größ­ten Teil der india­ni­schen Bevöl­ke­rung. Die Natur mit ihrem unge­heu­ren Reser­voir an Pflan­zen und Bäu­men, mit ihrer Viel­falt an Tie­ren wur­de dem Men­schen zur Vor­rats­kam­mer, in die man gedan­ken­los und unbe­grenzt ein­grei­fen, die man nach Belie­ben aus­pres­sen konn­te. Die Theo­lo­gen und Phi­lo­so­phen lie­fer­ten den ideo­lo­gi­schen Unter­bau, indem sie den Tie­ren eine See­le und jeg­li­ches Emp­fin­den abspra­chen oder den Abstand zwi­schen mensch­li­chem und natür­li­chem Bereich durch die Über­be­to­nung der Ver­nunft und des Ver­stan­des ins Unend­li­che ver­grö­ßer­ten. Aber nicht ein­mal jeder Mensch hat­te das Glück, als ein ver­nünf­ti­ges Wesen betrach­tet zu wer­den. Schwarz- oder rot­häu­ti­gen Men­schen fehl­te nach Mei­nung des wei­ßen Man­nes das Ver­nunft­or­gan, des­halb stell­te er sie auf eine Stu­fe mit den Tie­ren, die man nun ohne beson­de­re Gewis­sens­nö­te umbrin­gen konn­te.
.. Die Aus­beu­tung der Natur und die Miss­ach­tung ande­rer Men­schen wie auch der Tie­re gehen heu­te unver­fro­ren wei­ter, obwohl jeder weiß, dass wir uns wie der Berg­stei­ger in töd­li­che Gefahr bege­ben. Wir spü­ren bereits die Fol­gen der von Men­schen ver­ur­sach­ten Kli­ma­ver­än­de­rung in Form unge­wöhn­lich häu­fi­ger Tor­na­dos, mas­si­ver Über­schwem­mun­gen, jah­re­lan­ger Dür­re zum Bei­spiel in Ost­afri­ka; wir spü­ren die Fol­gen der unmensch­li­chen Mas­sen­tier­hal­tun­gen oder des che­mi­schen Ein­sat­zes in der Land­wirt­schaft in Form von plötz­lich auf­tre­ten­den Krank­heits­er­re­gern, die unse­re Nah­rung ver­gif­ten; wir müs­sen bereits jetzt erle­ben, dass man­ches, was tech­nisch mög­lich ist, uns selbst im höch­sten Maße gefähr­det: die Gewin­nung der Ener­gie aus der Atom­kraft und nicht zuletzt die ato­ma­ren Waf­fen selbst rich­ten sich schließ­lich gegen die Menschheit. 

Sie­he hier­zu → Kein 'Ent­kom­men' ....

bookmark_borderEs gibt kein Entrinnen ....

Die Welt­li­te­ra­tur ist voll von Geschich­ten wie Men­schen ver­su­chen dem Tod ein Schnipp­chen zu schla­gen. Ihm zu ent­rin­nen, ihn abzu­len­ken. Ver­stor­be­ne wie­der aus dem Reich der Toten zurück zu holen. Men­schen mit viel Geld las­sen sich ein­frie­ren um Wie­der­auf­er­ste­hung zu fei­ern wenn die Tech­nik & Medi­zin dazu ein­mal in der Zukunft zur Ver­fü­gung stehen.

Arm & Reich sind nur in die­sem einen Punkt gleich:
Selbst Geld kann den Tod nicht aus­schal­ten - wir müs­sen ALLE eines Tages dahinscheiden.

Wie plötz­lich der Tod zuschlägt wird immer dann bewußt wenn in der Nähe, im Bekann­ten­kreis, im sozia­len Umfeld Todes­fäl­le auf­tre­ten. Mal mit lan­ger Krank­heits­ge­schich­te, mal ganz plötz­lich, unver­se­hens und völ­lig uner­war­tet. Die Betrof­fen­heit ist sehr unter­schied­lich. Denn selbst Men­schen die kei­ne Ange­hö­ri­gen sind wer­den mit ihrer eige­nen Ver­gäng­lich­keit schlag­ar­tig kon­fron­tiert. Wobei manch­mal die näch­sten Ver­wand­ten wie erstarrt die gan­ze Trag­wei­te noch nicht fas­sen, in Ver­leug­nung sind, und bei ihnen die Trau­er erst ver­zö­gert einsetzt ....

Es gilt - min­de­stens ab einem bestimm­ten Lebens­al­ter (das jede/-r für sich ent­schei­den mag) - sei­ne "Din­ge zu ord­nen" und für den Fall der Fäl­le so vor­zu­be­rei­ten, dass die Nach­kom­men­schaft, Freun­de oder wer auch immer mit dem Nach­laß umge­hen soll, genaue Instruk­tio­nen fin­det bzw. kennt, um Rege­lun­gen zu tref­fen, Kün­di­gun­gen vor­zu­neh­men und die ver­blei­ben­den Auf­ga­ben abar­bei­ten zu können.

Mir, als 'Ungläu­bi­gem', der ich nicht an ein Para­dies oder Leben nach dem Tode glau­be, ist das im vori­gen Absatz dar­ge­leg­te Vor-Sor­gen das wirk­lich Wichtige.
Anson­sten sol­len Alle fröh­lich sein wenn ich mal beer­digt wer­de. Man­chen wird das nicht schwer fal­len - und die ande­ren sol­len lie­ber in die Zukunft schau­en & sich ab und zu an mich erinnern.

Denn Alle kom­men irgend­wann mal dran und da ist es doch bes­ser anstatt Trüb­sal zu bla­sen das Leben zu genie­ßen solan­ge man es kann.

bookmark_border(K)ein Wort zum Sonntag

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Aus­gangs­punkt war ein Zitat in einer Sen­dung im Fern­se­hen das etwa lautete:

.. Zwi­schen uns und dem Tod steht nur die Eltern­ge­nera­ti­on - und wenn die weg ist wird uns bewußt, dass wir die Näch­sten sein wer­den! ..

Danach hat­te ich gesucht, denn es war aus dem Zusam­men­hang deut­lich gewor­den, dass es sich hier­bei um ein Zitat gehan­delt haben muß­te. Zwar ist das Zitat nicht wört­lich im Text von Caro­li­ne Y. Robert­son-von Tro­tha * zu fin­den, aber doch annä­hernd ähn­lich for­mu­liert. Die Autorin legt eine umfas­sen­de, akri­bisch aus­ge­ar­bei­te­te und aus­ge­feil­te Dar­stel­lung zur heu­ti­gen gesell­schaft­li­chen Sicht des Todes vor. Schlüs­sig, logisch, empfehlenswert!

Nun will ich es nicht allei­ne bei der - sehr per­sön­li­chen - Bewer­tung des Tex­tes belas­sen, son­dern eini­ge Gedan­ken hinzufügen.

Schon die Beschäf­ti­gung mit Tod und Ster­ben wird von der älte­sten Gene­ra­ti­on viel stär­ker ver­drängt als dies je zuvor der Fall war.

Das steht in unmit­tel­ba­rem Zusam­men­hang mit den ver­bes­ser­ten medi­zi­ni­schen und sozia­len Bedin­gun­gen, deren posi­ti­ve Sei­ten die­se Gene­ra­ti­on - teil­wei­se auf Kosten der nach­fol­gen­den Alters­grup­pen - heu­te noch genießt. Wer sich um sei­ne 'festen Kosten' kei­ne Sor­gen zu machen braucht und dar­über hin­aus über 'flüs­si­ges Geld' ver­fügt wird leicht ver­ges­sen, öfters auch ver­drän­gen (!) wie es um die steht, die als "jün­ge­re Gene­ra­ti­on" die Ein­künf­te die­ser 'Nutz­nie­ßer' erwirtschaften. 

Erst vor kur­zer Zeit konn­te ich beob­ach­ten wie mit dem Tod in die­ser älte­sten Bevöl­ke­rungs­grup­pe - zugleich sozi­al inso­weit pri­vi­le­gier­ten Grup­pe, als sie sich meh­re­re Auf­ent­hal­te im Aus­land und auf pau­schal ange­bo­te­nen Rei­sen zugleich inner­halb eines Jah­res lei­sten kann - umge­gan­gen wird:

Einer aus der "Gemein­schaft" ver­starb inner­halb weni­ger Mona­te nach Krebs­dia­gno­se. Schon ein hal­bes Jahr danach wird kaum noch ein Gedan­ke dar­an 'ver­schwen­det'. Man geht sei­nen übli­chen Zer­streu­un­gen nach. Der Ver­stor­be­ne wur­de bei der Beer­di­gung beglei­tet. Pflicht laut gesell­schaft­li­cher Kon­ven­ti­on erfüllt!
Das war aber zugleich ein Abschluß, das Geden­ken redu­ziert sich fort­an auf Neben­sät­ze in der Alltagskonversation.

Die oft zitier­te "Ver­gäng­lich­keit" ist offen­bar. Nicht nur der Leib zer­fällt in sei­ne ato­ma­ren Bestand­tei­le und fließt so wie­der in den natür­li­chen Kreis­lauf ein, son­dern auch die Erin­ne­rung zer­fließt wie Nebel­schwa­den im Wind und man geht zur All­tags­ge­schäf­tig­keit über ....

Das, was wir uns als Indi­vi­du­um wün­schen, wür­dig zu ster­ben und lan­ge erin­nert zu wer­den, hat in der schnellebi­gen Gesell­schaft kei­nen Bestand mehr. Die Jün­ge­ren müs­sen 'schaf­fen', da bleibt kei­ne Zeit mehr Tra­di­ti­on und Erin­ne­rung zu pflegen. 

Was nicht bei 'face­book' und 'twit­ter' the­ma­ti­siert wird exi­stiert nicht - "up,up, and away" - das war's dann ....

Der Tod ist nichts als der Tod.
[Phil­ip Roth]

* Ist der Tod bloß der Tod? Tod und Ster­ben in der Gegen­warts­ge­sell­schaft – ein the­ma­ti­scher Umriss

Sie­he hier­zu noch:
1.
Der Tod ist gewiss, die Stun­de ungewiss ....
2.
Wenn der Tag gekom­men ist 
3.
Kein 'Ent­kom­men' ....