Von Zur-Schau-Stellung

In pri­mi­ti­ven Gesell­schaf­ten wer­den ein­fa­che Signa­le ver­mit­telt, die zugleich ein Sym­bol für die Stel­lung in der Rang­ord­nung des Stam­mes sind: Far­ben als Kör­per­schmuck, Tat­toos, Tei­le von Tier­kör­pern in die Beklei­dung inte­griert, die Liste ist lang und teil­wei­se exo­tisch. In ent­wickel­ten Gesell­schaf­ten sind der­glei­chen Sym­bo­le in redu­zier­ter Form wie­der zu fin­den, Grup­pen­zu­ge­hö­rig­keit und Sta­tus fin­den so Ausdruck.

Wenn ich aus mei­nem Fen­ster sehe fällt mein Blick auf eine *Regen­bo­gen­fah­ne* und ich fra­ge mich was sie aus­drücken soll. Ins­be­son­de­re des­we­gen, weil wir doch von Tabus bereits ein Stück weg sind und alter­na­ti­ve sexu­el­le Ori­en­tie­rung - alter­na­tiv zum Hete­ro-Sex - schon im 'main­stream' ange­kom­men ist.

Wozu also die­ses Dis­play von Anders­ar­tig­keit, wenn doch das Ziel gesell­schaft­li­cher Akzep­tanz erreicht ist und allen­falls von rech­ten Rand­grup­pen dage­gen gehetzt wird?

Soll­te es uns als Beob­ach­ter als Signal dafür die­nen dort leb­ten 'beson­de­re' Men­schen, die ihre sexu­el­le Ori­en­tie­rung als per­sön­li­che Errun­gen­schaft anse­hen und sich dadurch her­aus­ge­ho­ben, so zu sagen pri­vi­le­giert füh­len? Ist es die rei­ne Freu­de eine bun­te Fah­ne flat­tern zu sehen? Da gäbe es man­nig­fal­ti­ge Mög­lich­kei­ten ohne ver­steck­ten Sinngehalt.
Sofern hin­ge­gen eine Her­vor­he­bung, eine Auf­wer­tung gegen­über den 'Nor­ma­los' damit bezweckt wird, emp­fin­de ich das als äußerst befremdlich:

Ich tra­ge die Tat­sa­che, dass ich 'hete­ro' bin selbst­re­dend nicht wie eine Tro­phäe vor mir her um zu demon­strie­ren "Hopp­la, hier kom­me ich, ich bin ein Hete­ro!" und lei­te gar dar­aus beson­de­re Ansprü­che her. Soll­te ich *HETERO Pri­de* dem *GAY Pri­de* gegen­über­stel­len indem ich mir vor die Haus­tü­re einen Fah­nen­mast mit Hete­ro-Fah­ne¹ stel­le? Ist es über­haupt gerecht­fer­tigt 'Stolz' (pri­de) aus die­ser Grund­ein­stel­lung zu schöpfen?

Ich bin verwirrt.

¹ ein­mal völ­lig davon abge­se­hen, dass ich die­se Fah­ne für Geschmacks­ver­i­irung hal­te - wer denkt sich denn sowas aus?

Kommentare

  1. Wenn ich vom Bal­kon in die umlie­gen­den Gär­ten schaue, weh­te dort immer eine Deutsch­land­flag­ge. Das stör­te mich sehr. Nach­dem ich das ein­mal öffent­lich geäu­ßert hat­te (kann aber auch Zufall sein), wur­de sie beim näch­sten Kin­der­ge­burts­tag durch eine Flag­ge mit Dra­chen­mo­tiv ersetzt, was wie­der­um mein Enkel­kind total begeisterte.
    Ich fing an zu über­le­gen, ob ich viel­leicht die Metal­li­ca-Flag­ge, die noch aus der Puber­tät mei­ner Kin­der stammt, auf­hän­gen soll­te. Oder die indi­sche Flag­ge. Und kam zu dem Schluss: Das ist mir zuviel Auf­merk­sam­keit für die­se Sache, ich muss da nicht drauf reagieren.
    Seit mich die Flag­gen­fra­ge über­haupt nicht mehr beschäf­tigt, weht auch über­haupt kei­ne Flag­ge mehr. (Oder seh ich sie nur nicht?)

    1. Manch­mal, Frau iGing, kommt es tat­säch­lich zu einer beson­de­ren Auf­merk­sam­keit oder Igno­ranz gegen­über bestimm­ten opti­schen Reizen.
      Sie ken­nen das bestimmt vom Hören­sa­gen oder eige­ner Anschauung:
      Ist eine Frau schwan­ger fängt sie an Kin­der­wä­gen zu sehen, schaut man in die Fer­ne, so ver­schwin­den schein­bar Gegen­stän­de in der Nähe. Fährt man ein Auto einer bestimm­ten Mar­ke neu so sieht man plötz­lich ganz vie­le ande­re Autos der glei­chen Marke.

      Die­se Aus- oder Ein­schluss­phä­no­me­ne sind Teil des Schut­zes das unser Gehirn gegen­über zu vie­len Rei­zen besitzt, es wird in der so-genann­ten "For­ma­tio reti­cu­la­ris" gefil­tert. Zitat: ".. die Ver­arbeitung affe­ren­ter Erregun­gen im Sin­ne un­spezifischer In­formationen für die Großhirn­rin­de .." - was bedeu­tet, dass ein gro­ßer Teil der jewei­li­gen Infor­ma­ti­on nicht zum Bewusst­sein, dem Groß­hirn, durch­ge­las­sen wird. Wohl aber kön­nen die­se Rei­ze unter­be­wusst gespei­chert und, oft frag­men­ta­risch, ver­zö­gert auftauchen.

      Was die Fah­nen angeht:
      Ich schaue gegen eine grü­ne Front von Bäu­men, vor der sich ein sol­cher Farb­fleck (Regen­bo­gen­far­ben!) beson­ders abhebt.
      Es ist hin­ge­gen nicht die Fah­ne selbst, son­dern eher das, was dahin­ter steht. Die Begrün­dung dafür, die mich zum schrei­ben bewegt hat, weil ich es nicht nach­voll­zie­hen kann.
      Ich ver­ste­he nicht war­um man sie als pro­mi­nen­te Aus­sa­ge zeigt, wo doch der wesent­li­che 'Kampf' um Aner­ken­nung und Gleich­be­rech­ti­gung der ver­schie­de­nen sexu­el­len Vari­an­ten mitt­ler­wei­le kein The­ma mehr sein soll­te. Zumin­dest nicht hier in "D", andern­orts natür­lich immer noch.

  2. "Ich bin verwirrt."

    Mein Vor­schlag: Ein­fach mal zu den Leu­ten gehen und sie nach dem Motiv fra­gen. Anschlie­ßend könn­te ihre Ant­wort hier ver­öf­fent­licht und dazu Stel­lung genom­men werden.
    Das schafft Klarheit.

    1. Moin Fred,
      dar­an hat­te ich bis­her wohl schon gedacht - aller­dings habe ich den Gedan­ken ver­wor­fen. Der Grund dafür ist, dass die bei­den Frau­en sehr zurück­ge­zo­gen leben - man sieht und hört kaum etwas von ihnen. Ledig­lich die bei­den Kin­der, Mäd­chen, sind manch­mal mit Spiel­ge­rä­ten draußen.

      Die Dis­kre­panz zwi­schen wenig Sicht­bar­keit (im Ver­hält­nis zu dem, was sich sonst so in der Nach­bar­schaft tut) einer­seits und der gehiss­ten Regen­bo­gen-Flag­ge ande­rer­seits sug­ge­riert bei mir 'Unwil­lig­keit' zur Kon­ver­sa­ti­on über das Thema.

      Aus mehr­ma­li­gen Beob­ach­tun­gen habe ich den Ein­druck gewon­nen selbst der Kinds­va­ter wer­de sehr distan­ziert behan­delt (mei­ne Ver­mu­tung, dass es sich um den Vater von einem der Kin­der han­delt, von wel­chem war nicht klar zu erkennen).

      Mög­lich, dass sich irgend­wann ein­mal die Gele­gen­heit ergibt - das war schon in ande­ren Fäl­len ein ähn­li­cher (Zu-)fall.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert