Der Gedanke, wie schlecht es um unser Land bestellt ist, überfiel mich kürzlich mit Macht als mir ein Bekannter aus dem Ausland die Frage stellte:
Welche Alternative gibt es denn für Merkel?
Alternativen gäbe es schon, dachte ich, aber die wären wohl kaum mehrheitsfähig.
Ich fände es sehr viel besser, wenn sich einmal etwas wirklich Positives zu unserer Regierung, den Parteien und den Volksvertretern schreiben ließe. Oder wenigstens zu manchen Ereignissen im Lande, bei denen sich schließlich Vernunft und Recht durchgesetzt haben. Da hört man in einschlägigen Sendungen stets nur etwas über willkürliche Entscheidungen - gegen den 'gesunden Menschenverstand' - durch subalterne Angestellte und Beamte, die anstatt die Regeln, Verordnungen und Gesetze im Sinne der Betroffenen auszulegen, die engstmögliche Beschränkung durchsetzen. Dazu ein Beispiel:
In einer online-Diskussion ging es neulich um die Frage »Darf ein Kindergarten 98 Kinder zwingen kein Schweinefleisch mehr zu essen weil zwei muslimische Kinder eine Schweinefleisch-freie Diät haben müssen?«
Sofort gingen die Emotionen hoch und das Abendland ging wieder einmal unter. Für die extreme Rechte ein gefundenes Fressen, der *Deutsche* unter der Knute der Fremdherrschaft! Das ist das Problem, dass in solchen Fällen besonnene Politiker gebraucht würden, die sofort in einer Sondersendung auf allen Kanälen (!) die grundgesetzliche Situation in solchem Fall erklären, und zwar so, dass es der letzte Dummkopf versteht. Sonst wird doch wegen jeder Lappalie ein *Brennpunkt* angesetzt - hier wäre es bestimmt im Sinne einer Konfliktminimierung und Aggressionsreduzierung angebracht.
Zuerst gehörte die Tatsache erklärt, dass man die Religionsfreiheit der einen Gruppe nicht der von anderen Gruppen überordnen kann. Davon gibt es keine Ausnahme, denn Religionsfreiheit gilt auch im Falle der 'Freiheit von Religion' oder im Falle einer anderen als der muslimischen Religion!
Das Grundgesetz sieht in Art. 4 vor:
" .. (1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet .. "
Da nun zwei Standpunkte, basierend auf §4GG (1+2) vorliegen, muss zwischen diesen ein Kompromiss gefunden werden. Hier ist nicht die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage gestellt. Das *Vaterland* ist nicht in Gefahr. Niemand soll unter fremde religiöse Gesetze gestellt werden.
Es geht schlicht und einfach darum, zwischen den Standpunkten eine irgendwie geartete, möglichst Alle zufrieden stellende Regelung zu finden.
Zitat:
' ..Wer kein Schweinefleisch essen möchte, der soll es lassen, aber nicht andere zwingen, darauf zu verzichten. Alles andere ist eine Bevormundung andersgläubiger Menschen, die in einer freiheitlichen Ordnung abgelehnt werden muss ..'
/ Zitat
Religion darf - trotz des Schutzes im Grundgesetz den sie genießt - nicht den öffentlichen Raum bestimmen. Wer an Ostern tanzen will soll es tun dürfen, wer im Ramadan fasten will soll es tun. Allerdings darf niemand gegen seinen ausdrücklichen Willen gezwungen werden das ebenso zu halten.
Politik soll doch für Menschen gemacht werden. Dafür braucht man Politiker, die das auch wollen. Wäre es nicht besser, wenn es eine Fülle an solchen Kandidaten gäbe, denen man solche Ämter auch wirklich anvertrauen könnte? Es fallen mir unter den Nicht-Politikern schneller Menschen ein, denen ich diese Fähigkeiten zuordne. Nur sind darunter wenige, die die Neigung zeigen, sich in den Politikbetrieb zu begeben.
Insbesondere stellt sich die Frage, ob in der derzeitigen gesellschaftlichen Konstellation - mit Parteien, die in ihrem Namen schon für eine bestimmte Religion werben - diese überhaupt in der Lage sind eine neutrale weltanschauliche Position einzunehmen.
Daran sind Zweifel durchaus berechtigt, wenn man beispielsweise den Kreuz-Erlass in Bayern sieht.
Im oben erwähnten Fall hätte man verantwortliche Ressorts einschalten können um die Rechtslage zu erläutern - eine prima Gelegenheit vielen Menschen die Nützlichkeit und die Grenzen von gesetzlichen Vorgaben nahe zu bringen. Die Gewissensfrage ist hier ebenso: Welche Politiker können das, unterstellt, dass ihre Partei eine bestimmte religiöse Grundhaltung bevorzugt.
Möglicherweise wäre es eine gute Idee erst mal die Rahmenbedingungen zu ändern um Politikjobs attraktiver zu machen: Quereinstieg von Fachwissenschaftlern, Begrenzung der Mandate auf zwei Legislaturperioden, Verbot von Neben- und Anschlussbeschäftigungen, und eine attraktive Vergütung mit Übergangsregelungen. Sodann solche Persönlichkeiten, denen man ihre Rolle glaubt. Die also eine übergreifende Position dem Klein-Klein der üblichen Parteiäußerungen vorziehen.
Niemand wird daran gehindert, in diesen Kitas Schweinefleisch zu essen. Wenn es denn so unverzichtbar ist, können die Eltern ihren Kindern ja Schnitzelbrötchen mitgeben ;-)
Den Ansatz, in Gemeinschaftsküchen den kleinsten gemeinsamen Nenner der Eßvorlieben der Gäste zu servieren, finde ich vollkommen logisch. Beispiel am eigenen Leibe: Beim Chaos Communication Congress lieferte die Helferküche ausschließlich vegetarische Speisen (manchmal unterteilt in vegan und nichtvegan). Hat keinem geschadet :-) Den "Verzicht" auf Schweinefleisch finde ich noch dermaßen viel undramatischer, daß ich als Betroffener kaum ein Achselzucken für diese Nachricht hätte aufbringen können.
Aber für die Rechten ist es natürlich ein gefundenes Fressen. Und die Medien, die Bildzeitung allen voran, machen fröhlich mit. Mindestens gibt es reichlich Klicks!
Immer wieder beeindruckend, wie das Aufbauschen einer Nichtnachricht trefflich von den wichtigen Problemen abzulenken vermag.
(Und nein, Obiges ist ausdrücklich kein Vorwurf an Sie!)
Wenn es nicht im Sinne der Gesundheit zu einer Einschränkung kommen muss halte ich alle anderen Begründungen für vernachlässigbar - sie müssen nur irgendwie geregelt werden.
Aber schon das ist offensichtlich nicht mehr möglich.
OT: Korrigiert
gelesen und geseufzt. Eine gute Freundin fragt mich, warum ich so auf die Merkel losgeh. Tu ich eh nicht mehr, inzwischen ist nichts nachgewachsen.
Es gibt einiges, was ich gegen die Merkel einzuwenden hätte. Aber mittlerweile ist alles gegenstandslos geworden.
Es ist deprimierend zu sehen wie *arm* unsere Parteien geworden sind. Es fehlt - spätestens seit dem Abgang von Gysi - an brillianten Rhetorikern, die Rede und Gegenrede ist von den Ministerialbürokraten zu Verwaltungsarbeit transformiert worden .... sehr bedauerlich.
@ Dieter Schlabonski
ich stimme zu, insbesondere folgendem, Zitat Dieter Schlabonski: "Den "Verzicht" auf Schweinefleisch finde ich noch dermaßen viel undramatischer, daß ich als Betroffener kaum ein Achselzucken für diese Nachricht hätte aufbringen können."
"Immer wieder beeindruckend, wie das Aufbauschen einer Nichtnachricht trefflich von den wichtigen Problemen abzulenken vermag."
Ganz allgemein bin ich übrigens der Ansicht, dass "man" nicht unbedingt jeden Tag Fleisch essen muss, was ich auch nicht tue. Dafür gibt es viele Gründe, "ethische", "ökologische", oder auch ganz einfach "Riesensauerei": https://www.tagesschau.de/ausland/nitrat-eu-frist-101.html
Letztlich ist Fleischessen oder nicht -- und wenn ja, welche Sorten ja und welche nicht -- eine rein persönliche Angelegenheit.
Und selbstverständlich steht dieselbe Entscheidung aber auch jedem Anbieter frei.
@ D. Schlabonski
Da sind wir einer Meinung - denn wie schon der *alte Fritz* sprach:
"Es soll ein Jeder nach seiner Façon selig werden!"
@ Andreas
Genau das ist hier (im Blog¹) schon früher festgestellt worden:
Auf Fleisch zu verzichten ist keine Gefahr für die Gesundheit - wobei allerdings klar sein sollte, dass unser Verdauungssystem das von *Allesfressern* darstellt und deswegen "Mischkost" die beste Ernährung ist.
¹ Beispiel
Generell sollte aus solchen Dingen und Positionen die hohe Parteilichkeit und die Voreingenommenheit ("bias") mal verschwinden.
Die Schweinefleischsache klingt für einen, als wenn da wieder jemand übereifriges am wirken war, der unbedingt seine Linientreue zur Political Correctness - oder was auch immer, wen er beeindrucken wollte - meinte zum Ausdruck bringen zu müssen.
Das Ganze logisch durchdacht - man ändert etwas wegen 2 (!) Leuten, bei denen sich beschwert wurde, für eine Masse von wesentlich mehr Leuten; mit "Sinn" und "Verhältnismäßigkeit" hat das sehr wenig zu tun.
Also kann man hier vielmehr von einem psychologischen, wenn nicht einem symbolischen Akt sprechen.
Und in diesen Tagen gibt es bloß eine Schablone politischer Einstellung, die meint, sich in seiner vorgeblichen Toleranz-Olympiade ständig gegenseitig überbieten zu müssen ("vorgeblich" deshalb, weil es fällt einem schwer zu glauben, dass man tatsächlich so tolerant sein kann wie manche gern tun wollen - zudem, es verkommt zunehmend zu einem Lifestyle-Accessoire, "tolerant" zu sein; wäre es "in", sich wie die Inquisition aufzuführen und sich damit bei irgendwelchen hohen Tieren einzuschleimen, dann würden die selben das zu ihrer Lebenseinstellung machen).
@ matrixmann
Ihr Hinweis doch auf dem Teppich zu bleiben und nicht etwas hinein zu interpretieren weil es sich vielleicht anbietet ist erfreulich - aber es rast nun mal das Vorurteil, leider.
Eine vernünftige Regelung wurde oben schon angedacht - und vor allem die De-Eskalationsnotwendigkeit! Anstatt hier Emotionen zu schüren und Öl ins Feuer zu giessen müsste abgewiegelt werden .... und da sehe ich Politik in der Pflicht, auf der Plattform der öffentlichen Medien. Das darf man nicht Springer & Co überlassen. Die leben davon Unruhe zu stiften.
Ein Aspekt den ich noch nicht gelesen habe: Anbiederung durch *sich tolerant geben* - da könnte etwas dran sein.
@wvs
An und für sich müsste in diesen Tagen jedem, der sich in diesen Toleranzwettbewerb begibt, der noch ein bisschen denken kann, selbst einfallen, dass er mit solchen Aktionen die Braunen auf den Plan ruft, weil das wie eine Mustervorlage für deren Phrasen ist.
Es ist nicht besonders schwer, auf diesen Trichter zu kommen. Deswegen der Verdacht, dass da ein Übereifriger oder ein Soldat der aktuellen Toleranzolympiade wohl möglich am Werk war. Denn genau diese Art von Leuten ist es, die sich beständig dagegen wehrt, eine andere Realität als die ihrer ideologischen Brille wahrzunehmen. Folgerichtig agieren diese Menschen auch nicht rational und wiegen verschiedene Dinge gegeneinander auf Verhältnismäßigkeit ab, sondern sie handeln, sobald ihr gewünschtes Weltbild auch nur eine Störung erfährt.
Die Politik selbst ist inzwischen auch voll von solchen Leuten (und wenn auch nur wegen der PR im öffentlichen Raum), zudem kann man ihr bereits schon unterstellen, dass sie sich mutwillig aus solchen Dingen mit klaren Regelungen und Positionen heraushält, damit sich bewusst die Leute unten die Köpfe einschlagen. So haben sie wenigstens etwas anderes zu tun, als sich um ernsthafte Missstände scheren und von der Politik für diese eindeutige Antworten und feste Konzepte zu fordern (welche sie nicht haben und weswegen es unangenehm für sie werden könnte, sollten sich die kleinen Leute damit ernsthaft beschäftigen).
@ matrixmann
Ihre Einschätzung der Politik/Politiker (überwiegend, ganz wenige Ausnahmen) und der Menschen, die in 'Blasen' stecken und vor Scheuklappen nicht mehr die Wirklichkeit erkennen, teile ich. Dazu habe ich vor einiger Zeit einen Artikel geschrieben → Wieso, weshalb, warum .... oder: Die Kunst der Ablenkung.
Es ist nicht anzunehmen, dass sich etwas grundsätzlich ändert, solange nicht mehr Leute auf die Straßen gehen und zeigen, was sie verlangen und gelöst haben wollen.
Am Problemfeld "Digitales" sieht man doch die Unfähigkeit sehr genau. Da ist nichts zu beschönigen: Die Initiative der Banken alles *online* nur noch über Apps laufen zu lassen gehörte mindestens so lange gestoppt, bis geklärt ist, dass 'google' oder 'apple' nicht jede Kontobewegung mitschneiden und so noch mehr über den Einzelnen wissen als bisher.
Was aber macht die Politik? NICHTS!
Entweder sie wissen es nicht, oder es interessiert sie nicht oder sie schauen weg weil sie
bestochen wurdeneine Lobbyisten-Zuwendung erhalten haben.PS
Dazu passt auch
→ Was der Schwejk zu sagen gehabt hätte ....
→ Der größere Schaden
2. PS / OT /
Verraten Sie mir, wie sie auf mein Blog gestoßen sind?
Bitte dahin schreiben → w ät re-actio punkt com Danke!