Man macht sich keinen Begriff davon wie langsam "Frue*er"™ der Alltag getaktet war. Die Zeit ist vergangen, die Erinnerung verblasst und übrig bleiben nur noch Fragmente. Das wurde mir wieder einmal bewusst als ich gestern in den Briefkasten sah. Normalerweise erwarte ich da Werbung, kiloweise, die gleich ein paar Schritte weiter in die Papiertonne wandert.
Heute jedoch war dazwischen ein Brief aus USA. Ein Freund den ich 2000 kennengelernt hatte, und mit dem ich fast jede Wochen in Kontakt bin, hat mir geschrieben - Schneckenpost, das gibt es tatsächlich noch. Der Brief war lange unterwegs aus Kansas City bis hierher .... abgesandt Anfang Dezember. Ganze sechs Wochen. Für 1.15 US$.
Doch ist dies zugleich ein wesentlicher Fortschritt:
Als ich '63-'64 in USA war konnte man einen 'richtigen' Brief wegen des Gewichtes als normaler Mensch gar nicht bezahlen - das Einzige mögliche waren so genannte "Luftpostleichtbriefe" oder Aerogramme, Man schrieb auf einem Bogen der dann gefaltet zugleich zum Umschlag wurde - das ganze aus einem seidenpapierartigen Material. Tinte konnte nicht verwendet werden, die schlug durch. So wurde oft per Bleistift kommuniziert.
In Europa sind wir sehr verwöhnt was die Postlaufzeiten und die Möglichkeiten des Paketversandes angeht. Andernorts auf dem Planeten geht es noch immer ein wenig langsamer zu wenn ein physischer Versand stattfinden soll.
Ein Brief aus Amerika sechs Wochen unterwegs? Ich bekomme Post aus Uganda, da liegen zwischen Aufgeben des Briefes und dem Ankommen bei mir sechs Monate.
Da kann aber zwischen Erhalt des Briefes und dessen Absendung schon wieder recht viel passiert sein - gäbe es da nicht die Möglichkeit mit einem preiswerten PC / Telefon die Sache zu verkürzen?
Normale Briefpost muss wohl hinter den ganzen Warensendungen zurückstecken, weil die verlaufen heutzutage dagegen recht zügig...
Man bemerkt es auch so, dass die Zeit schneller zu vergehen scheint. Jedes Mal, wenn von irgendeinem bestimmten Ereignis in der Welt oder in der Politik gesprochen wird, und es ist nur letztes Jahr passiert, dann wirkt das oftmals sehr fern und als müsste es länger her sein.
Der Effekt rührt daher, weil über das Jahr eine solche Flut an Information und Sinneseindrücken auf einen einströmt, sodass man vieles schnell vergisst oder es wahrnimmt, als wenn eine riesige Menge an "Leben" passiert ist, und das erscheint einem widersinnig in nur so einer kurzen Zeit stattgefunden zu haben. Dadurch erscheint es einem, als müsste dies in einem weitaus längeren Zeitraum geschehen sein als es tatsächlich war.
Da mögen Sie Recht haben - der Verdacht, dass die 'private Post' das Nachsehen hat wenn noch "garantierte Lieferung bis morgen früh"-Päckchen auszuliefern sind liegt nahe ....
Es gibt die These - ob es irgendwie belegt ist entzieht sich meiner Kenntnis - dass Unangenehmes in der Vergangenheit schneller verblasst als Angenehmes, was dementsprechend länger 'aufbewahrt' bleibt. Und es ist sicher auch korrekt anzunehmen, dass bei einer Flut von neuen Eindrücken die Formatio reticularis einiges davon ausfiltert und es gar nicht erst ins (Langzeit-) Gedächtnis vordringt.
Die hatte ich noch gar nicht mal mit auf der Rechnung. So eilig habe ich es bei Warensendungen nicht - und wenn international, ja, da muss man halt eben ein wenig warten... Das gehört einfach dazu.
Und selbst dort geht das relativ zügig. Es sei denn, man hat den Zoll mit im Boot, dass die einem 'ne Rechnung schreiben müssen wie viel die für die Einfuhr des Pakets haben wollen...
Hm, die Theorie über das Landzeitgedächtnis würde ich allein schon als Beispiel wiederlegen.
Gerade nämlich die richtig unangenehmen Vorkommnisse sind es, die mein Gehirn in seinem größten Ausmaß noch weiß und nur sehr spärlich vergisst. Häufig muss ich ihm von außen nur bei der konkreten Zeiteinordnung auf die Sprünge helfen. Das war's dann aber auch mit der "Fehlerquote" daran.
Meine Anmerkung bezog sich zwar nicht ausdrücklich auf mich selbst, war aber so eine Spontanäußerung in dieser Richtung. Bei mir ist das so wie beschrieben. Das Eine schließt doch das Andere nicht aus, die Einstellungen / Abläufe im Gehirn sind kein festes Raster, sondern sehr individuell & flexibel:
Während bei einigen Menschen eher positive Erinnerungen gespeichert werden sind es bei anderen die negativen Eindrücke .... das was eingespeichert wird hängt ja noch von der absoluten Stimmungslage und der Qualität der Eindrücke (dem 'Eingangskanal') ab. Meine Darstellung der Funktion des Filters ist außerdem eine kurze Fassung der physiologischen Reaktion gewesen - die spezifische Erläuterung würde sehr viel länger ausfallen und hier im Blog den Rahmen sprengen.
"Man macht sich keinen Begriff davon wie langsam "Frue*er"™ der Alltag getaktet war."
Ja, in der Tat! Schon simple alltägliche Vorgänge, wie die sich heute mit einem Mausklick wie von selber erledigen, musste man planen und in Angriff nehmen, die Durchführung nahm Stunden und Tage in Anspruch. So machte z.B. das Nachschlagen in einem Wörterbuch oder einer Enzyklopädie, sofern man diese nicht zu Hause hatte, den Gang in eine Bibliothek erforderlich, das Buch musste u.U. erst bestellt werden, damit man es einsehen konnte.
Zitate mussten handschriftlich rausgeschrieben und die Quelle verlässlich notiert werden ... eine Heidenarbeit ... aber irgendwie leichter zu verkraften als dieser Informationsüberschuss, fast möchte ich sagen: dieses Informationstrommelfeuer, das einen zwingt, genauso schnell 'zurückzuschießen'.
Oder nehmen wir die allseits beliebten 'Trennungen' von Paaren per SMS --- wenn hier erst ein Brief geschrieben werden müsste, der zwei Tage später erst ankommt, wäre manche Unbill längst verkraftet, bevor sie überhaupt zu Papier gebracht worden wäre.
Aber zurück zu Ihrem Thema: Ist es nicht doch recht lang, 6 Wochen von USA hierher? Ich meine, das dürfte im Allg. doch schneller gehen, oder irre ich mich? Man kann es allerdings schlecht sagen, weil man ja nur noch so selten Post in Papierform bekommt.
Ein schönes Beispiel, das Nachschlagwerk ist ja seit langem 'tot', es war immer die letzte Instanz bei Entscheidungen ob etwas falsch oder richtig sei. Ich erinnere noch, als wir das (vierbändige) Bertelsmann Lexikon bekamen und mein Vater mit mir dort Begriffe nachsah um mir zu zeigen, wie man das benutzt und finden kann was man sucht.
Wenn man Luftpost unterstellt ist die Beförderungsdauer sicher unter einer Woche (Briefe) - ich denke das wird auf alle Post zutreffen, die nach außerhalb der EU versendet wird.