Manchmal, wenn ich die Lebensentwürfe in den U.S.A. in Planung und Ausführung studiere, merke ich welche Unterschiede zu den hiesigen Grundlagen bestehen:
Während dort ein festes Raster von Vier-Jahres-Schritten besteht ist wegen der unterschiedlichen Startbedingungen bei uns in Deutschland kaum ein Lebenslauf wie der andere - und ich kann nicht erkennen, daß das besser wäre. Die Individualität hat ihre Tücken, das Fehlen einer gesellschaftlichen Norm macht die Orientierung* (besonders) für Heranwachsende schwierig - zumal es keine Gewähr dafür gibt, daß Anstrengung und intensives Lernen auch tatsächlich zu Lebenserfolg führen.
In den U.S.A. geht man bis zum sechsten Lebensjahr in den Kindergarten, dann vier Jahre Grundschule (mit regional bedingten Unterschieden, auf die ich hier nicht weiter eingehen will), dann vier Jahre Junior High School, vier Jahre Senior High School und alle Schüler machen mit 18 Jahren gemeinsam einen High School Abschluß.
Von da an trennen sich die Wege, denn je nach gewählten Fächern und erreichten Noten - und natürlich auch den finanziellen Möglichkeiten - schließen sich danach Studium oder Arbeitsleben an.
Sofern es sich um ein Studium handelt wird der Vier-Jahres-Zyklus fortgesetzt:
Vier Jahre bis zum Bachelors, vier Jahre bis zum Masters und wenn die Fähigkeit vorhanden ist noch weitere vier Jahre bis zum Doktorat.
Das bedeutet, die meisten Absolventen sind mit 22 durch den ersten Abschluß in der Lage einen Job anzunehmen. Wer weiterstudiert hat gute Aussichten auf ein überdurchschnittliches Einkommen, denn der Masters Abschluß öffnet Bereiche zu denen die Bachelorsabsolventen keinen Zugang haben. Mit 26 ist demnach die überwiegende Zahl von Schulabgängern produktiv im Arbeitsleben und kann gleichzeitig eine Lebensplanung auf finanziell gesunder Basis machen.
Es zeigt sich in dieser Art des Vorgehens auch die so verschiedene Mentalität:
Während bei uns 105% (!) Wissen im Studium angehäuft werden soll reicht es den Amerikanern eine Basis von Fachwissen zu schaffen. Ich schätze das auf ca. 66% - die dann in den ersten Jahren des Berufslebens, je nach Bedarf, leicht auf das nötige Niveau angehoben werden können, weil die Einsteiger noch jung genug sind um dazuzulernen - "on the job", besser als rein theoretisch ....
Über die Abhängigkeit der Ausbildung vom Vorhandensein finanzieller Mittel will ich hier nicht ausführlicher werden. Nur soviel: Studiengebühren sind zwar überall zu zahlen, dafür ist aber die Steuerlast der Elterngeneration (die sie zahlen muß) sehr viel geringer als bei uns - weswegen die Belastung für das Studium der Kinder zahlen zu müssen nicht das Gewicht und die Ausschlußfunktion hat wie hierzulande immer angenommen wird.
Mag es sein wie es will - die Individualität mit all ihren Beschränkungen bei uns führt nicht zu einem Zusammengehörigkeitsgefühl einer jeden Generation - im Gegenteil, das Gegeneinander wird gefördert und zementiert, mit dem Ergebnis ständigen Kampfes um die besten Arbeitsplätze und allem, was dann daran hängt.
Die mangelhafte Allgemeinbildung in U.S.A. ist natürlich zu beklagen, aber es ist wenigstens sichergestellt, daß alle Schulabgänger ein Mindestwissen vorzuweisen haben, das sie 'lebensfähig' macht. Ganz abzusehen von dem "Wir"-Gefühl bei gemeinschaftlichem Abschluß, das auch im späteren Leben zunächst einmal den Menschen im Vordergrund sieht - und nicht die Funktion oder den Beruf. Natürlich ist mir bekannt, daß das theoretisch zwar so korrekt ist aber praktisch nicht immer so läuft. Doch vom Grundsatz her stimmt es mindestens für die Masse der U.S.-Gesellschaft.
Je länger ich darüber nachdenke und je älter ich werde:
Verbunden mit dem Gedanken der Selbsthilfe statt Staatshilfe und Lenkung durch 'die Obrigkeit' in allen Lebenslagen scheint mir das dortige Modell besser geeignet ein zufriedenes und ausgefülltes Leben zu gewährleisten. Es ist wohl auch der Grund für das Streben Vieler nach den U.S.A. auszuwandern. Weil Menschen meist klüger sind als ihre "Obrigkeit" wahr haben will spüren sie nämlich Behagen oder Unbehagen auch wegen der bestehenden Lebensverhältnisse.
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* Insbesondere wird die Intergration von Zugewanderten aus anderen Kulturkreisen durch unser System erschwert, während das U.S.-System die Eingliederung erleichtert.
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*edit*
Seit ich diesen Beitrag in einem der 'antville'-Blogs geschrieben hatte [Mittwoch, 8. Mai 2013 09:59h] hat sich das Bild der U.S.A. in der Welt durch die Spionageaktivitäten ihrer "Dienste" wesentlich verändert. Ich selbst fahre nie wieder dorthin - und die Zahl derer, die für immer dorthin will wird sich bestimmt auch reduzieren. Was bleibt ist aber ein offeneres Gesellschaftsmodell von dem wir etwas lernen könnten - denn das ist von den Machenschaften der Administration dort zu unterscheiden.
Admninistrationen kommen und gehen, die Grundstrukturen bleiben.
Schon deswegen ist das Land für viele Menschen in der Welt, in deren Ländern die Gesellschaft arm & unterentwickelt ist, weiter ein erstrebenswertes Ziel.